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Zum "Jahr der Frau im Sport"Und ferner liefen...

In den Verbänden haben Frauen meist wenig zu melden. Mit dem "Jahr der Frau im Sport" sollte sich das ändern. Doch die Aktionen des Sportbundes fanden meist im Abseits statt.

Hat's geschafft: Eisschnellläuferin Anni Friesinger. Bild: ap

BERLIN taz 2009 ist das Jahr der Frau im Sport. Das hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) im Januar ausgerufen. Gemerkt haben es bis dato nur die wenigsten. Kein Wunder: In den Führungspositionen im Sport sind Männer klar in der Mehrzahl - fast alle Mitgliedsorganisationen des DOSB werden von Männern geführt. Auch im Sportjournalismus sowie bei den Spitzenverdienern im Sport dominieren die Männer weiterhin.

Bei den letzten Olympischen Spielen in Peking gewannen Sportlerinnen 18 der 41 deutschen Medaillen. Zwei Jahre zuvor waren es in Turin sogar 16 von 29 Medaillen. Finanziell können sie indes nicht mithalten mit den Männern. Der nationale Spitzenverdiener ist Basketballer Dirk Nowitzki. Er verdient jährlich rund 15 Millionen Euro. Die am besten bezahlten Frauen, Biathletin Magdalena Neuner und Eisschnellläuferin Anni Friesinger, kassieren geschätzte 1,2 Millionen Euro.

Vielleicht liegt die mangelnde Wertschätzung der Erfolge von Frauen im Sport auch daran, dass fast nur Männer darüber berichten. Nach Aussage von Geschäftsführerin Ute Maag sind derzeit lediglich 9,54 Prozent aller Mitglieder im Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) weiblich. Noch nie hat eine Frau im deutschen Fernsehen ein Live-Fußballspiel kommentiert.

Regiert wird der Sport ebenfalls beinahe ausschließlich von Männern. 97 Mitgliedsorganisationen hat der DOSB. Nur vier davon werden von Frauen geleitet: Karin Augustin ist Präsidentin des Landessportbundes Rheinland-Pfalz, Barbara Oettinger leitet den Deutschen Aikido-Bund, Christa Thiel den Deutschen Schwimm-Verband und Claudia Wisser steht an der Spitze der Deutschen Triathlon Union. "Die Sportpolitik ist extrem schwierig, eine männerdominierte Welt mit alt gewachsenen Strukturen", sagt Wisser, "Frauen haben es schwer da reinzukommen."

Dabei würden die Verbände durchaus von einem höheren Frauenanteil profitieren, wie Ilse Ridder-Melchers, DOSB-Vizepräsidentin für Frauen und Gleichstellung, erläutert: "Frauen sind an der Sache und am Ziel orientiert, sind gute Team-Player." Das gehe auch aus dem aktuellen Sportentwicklungsbericht hervor. Darin steht, dass Vereine mit einem hohen Anteil an weiblichen Vereins- und Vorstandsmitgliedern weniger Probleme bei der Gewinnung und Bindung neuer Mitglieder und Übungsleiter haben. Außerdem haben sie ihre Finanzen besser im Griff.

"Frauen holen die Meinungen sämtlicher Teammitglieder ein und entscheiden dann möglichst im Konsens", glaubt Wisser. Aber: "Gerade dies wird ihnen oft als Führungsschwäche vorgehalten." Ihre Kollegin Augustin verweist darauf, dass Frauen auch selbst schuld seien an der Misere: "Allzu häufig schrecken sie vor diesen Positionen von sich aus zurück, weil sie es sich nicht zutrauen oder weil es zeitlich nur schwer mit der Familie zu vereinbaren ist."

"Frauen an die Spitze", so lautete das Motto eines Wettbewerbs, zu dem der DOSB in diesem Jahr aufgerufen hat. Verbände sollten sich mit Projekten bewerben, die das ehrenamtliche Engagement von Frauen im Sport fördern. In den Sommermonaten gab es spezielle Frauensportwochen, um Frauen anzusprechen, die noch nie oder schon lange keinen Sport mehr betrieben hatten. "Viele Verbände haben darüber hinaus eigene Akzente gesetzt", sagt Ridder-Melchers. Sie ist zufrieden mit dem Jahr der Frau im Sport.

Claudia Wissers Bilanz fällt hingegen nicht nur positiv aus: "Der Weg des DOSB ist der richtige, doch leider ist das Jahr der Frau vielerorts noch nicht richtig wahrgenommen worden", sagt sie. Karin Augustin wiederum hält sogar eine DOSB-Präsidentin in Zukunft für möglich. "Bei Angela Merkel hatte zunächst auch niemand gedacht, dass sie einmal Bundeskanzlerin werden würde."

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1 Kommentar

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  • A
    anke

    Vielleicht liegt die mangelnde Wertschätzung von Frauen im Sport daran, dass fast nur Männer ihn regieren und fast nur Männer darüber berichten. Wahrscheinlicher allerdings ist, dass die Ursache in der (nicht nur, aber doch besonders gern von Männern gepflegten) fixen Idee zu suchen ist, Geld wäre tatsächlich ein brauchbarer Maßstab für Erfolg und außerdem der einzig vorstellbare Wettbewerbsmotor. Der Satz "Frauen holen die Meinungen sämtlicher Teammitglieder ein und entscheiden dann möglichst im Konsens, gerade dies wird ihnen oft als Führungsschwäche vorgehalten" klingt in meinen Ohren übrigens ausgesprochen abgedroschen. Das ist sentimentaler Feministinnen-Kitsch aus den guten (weil reichen) alten 70-ern der BRD.