Zum 29. Februar: Geburtstagskinder: feiert!
Mehr als 2.000 Menschen in Berlin können ihren Geburtstag nur alle vier Jahre feiern. Ist das schlimm?
Es gibt im Leben kleiner Kinder viele Gemeinheiten: Da wären die Eltern an und für sich, die Tatsache, dass nicht alles aus Schokolade ist, die Konkurrenz durch andere Kinder, die immer die viel schöneren Sachen haben. Wenn es ganz dicke kommt, gibt es sogar Geschwister, die jedes Mal besser behandelt werden als man selbst. Das Allerschlimmste jedoch ist die Verweigerung des Geburtstags und folglich der entsprechenden Feier – und damit des Vergnügens, endlich einen ganzen Tag im Mittelpunkt zu stehen und ungestraft durchdrehen zu können. 84 junge BerlinerInnen mussten ganze vier Jahre warten, um endlich dieses Vorrecht zu erhalten – am passgenauen Tag. Morgen werden sie vier Jahre alt.
Nach Angaben des Statistischen Landesamts sind 84 Berliner Mädchen und Jungen am 29. Februar 2008 geboren worden, dem letzten Schalttag. Seitdem mussten sie (besser gesagt: ihre Eltern) fürs Topfschlagen, Sackhüpfen und Co. auf die Tage rund um das Februarende ausweichen oder die Party gleich ganz ausfallen lassen – wer feiert schon gerne unecht?
Insgesamt stehen in der Stadt 2.252 Menschen regelmäßig drei Jahre lang vor dieser Frage, dem Bevölkerungsdurchschnitt entsprechend etwas mehr Frauen als Männer. Der deutsche Teilzeitphilosoph Georg Christoph Lichtenberg hat von ihnen eine klare Meinung: „Man mag sagen, was man will, so ist ein Mensch, der nur alle vier Jahre einen Geburtstag hat, immer kein Mensch wie andere.“ Abgesehen davon, dass wohl niemand ein Mensch wie andere ist, hat Lichtenberg eindeutig recht. Denn wer wäre nicht geplagt und geprägt durch die reichlich sinnfreie Debatte, die der Erwähnung des Geburtstages unweigerlich folgt, ob die betreffende Person nun wirklich – sagen wir – 56 wird? Oder nur 14? Eben. bis
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