Zukunftskonferenz: Der grüne Flaschengeist
Die GAL diskutiert strittige Themen. Die Frage nach dem Selbstverständnis und der Perspektive der Partei bleibt unbeantwortet, die Ratlosigkeit ist groß.
"Wir haben den Geist aus der Flasche gelassen, nun wissen wir nicht, wie wir ihn wieder reinbekommen", bringt eine Grüne aus dem Kreis Nord die Stimmungslage vieler Parteifreunde auf den Punkt. Auf der "Zukunftskonferenz" der GAL geht es da gerade um die direkte Demokratie samt Volksgesetzgebung und Primarschul-Desaster, ein Thema, über das die Meinungen in der schwarz-grünen Koalition auseinander gehen. Während Justizsenator Till Steffen "den Geist nicht wieder in die Flasche zurück" drängen will und die Mitsprache der Bürger eher noch ausweiten als wieder einschränken würde, weist der Abgeordnete Farid Müller auf die CDU-Position hin, "die direkte Demokratie" werde "massiv vom Mittelstand missbraucht, um egoistische Ziele durchzusetzen", während die sozial und kommunikativ schwächeren gesellschaftlichen Gruppen "kaum von der Volksgesetzgebung profitieren".
Skeptisch zur Volksgesetzgebung äußert sich der Hamburger Politologe Michael Th. Greven, der in seinem Gastbeitrag deutlich macht, dass die Legitimationsmuster von direkter und repräsentativer Demokratie nur schlecht zueinander passen. Da Volksbegehren vor allem Neues verhindern wollten, hätten sie eine reine "Veto-Macht", die jede "nachhaltige Langfristpolitik" aushebeln könne.
"Macht das Volk die bessere Politik?", lautet eine der vielen Fragestellungen, mit denen sich die GAL an diesem Sonntag im Bürgerhaus Wandsbek beschäftigt. Statt im Wendland zu schottern diskutieren über 200 GALier die Lage und die Perspektive ihrer Partei. Eine Debatte, die im Internet fortgeführt werden und der Partei helfen soll, sich zwischen CDU-Regierungspartner und Basisbewegung neu zu verorten.
Bereits in seinem Eröffnungsstatement hatte Partei -Vorstand Anjes Tjarks "eine ernsthafte Debatte um den Nutzen und die Grenzen direkter Demokratie" angemahnt. Zudem forderte Tjarks, die Schulpolitik nach der Niederlage beim Volkesentscheid "neu zu orientieren, weil längeres gemeinsames Lernen nicht mehrheitsfähig war". Nun gelte es neue Schwerpunkte zu setzen und "die Stadtteilschule, die Profiloberstufe und die Individualisierung des Unterrichts" aktiv zu gestalten.
Auf der Zukunftskonferenz sagt Michael Th. Greven, die Grünen seien auf dem Weg von der Bekenntnis- zur Volkspartei und müssten sich den damit verbundenen Fragen stellen. Notwendig sei eines stärkere Personalisierung der Politik, die aber nicht nach dem Modell Joschka Fischer verlaufen dürfe, wo "hier die Person und da die Partei war." Zudem kritisierte der Politologe, dass die GAL das Thema Sozialpolitik vernachlässige und es bislang versäumt habe, ihre Ansätze beim Umgang mit Migration "verständlich als Position klar zu machen".
Viele heiße Eisen werden so auf der Konferenz angefasst, die Debatte um das eigene Selbstverständnis eröffnet. Bleibt die Konferenz keine Eintagsfliege, stehen den Hamburger Grünen spannende Diskussionen bevor.
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