Zukunft von Tegel offen: Airport vor dem freien Fall
Kurz vor der Schließung des Flughafens Tegel ist die Zukunft des Areals noch völlig unklar. Nun droht Leerstand.
Erst mal einen „Coworking Space“ einrichten – dieses Interims-Szenario schwebt derzeit über dem Flughafen Tegel. Die langfristige Nutzung des Airports ist dagegen knapp drei Monate vor der Schließung immer noch ungeklärt. Im schlimmsten Fall könnte am Flughafen erst mal Leerstand einziehen – und zwar ein ziemlich teurer Leerstand.
Eigentlich herrscht im Abgeordnetenhaus weitestgehend Einigkeit darüber, Tegel künftig als Forschungs- und Technologiestandort zu nutzen. „Das ist eine wahnsinnige Chance für Berlin, im Bereich der grünen Ökonomie voranzukommen“, sagte Michael Schäfer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen und Klimapolitikexperte, der taz. Wie und vor allem wann es so weit sein soll, ist aber unklar. Erst am Montag hatte Hardy Schmitz im Wirtschaftsausschuss eingeräumt, dass bislang kein größeres Unternehmen Interesse an einer Ansiedelung gezeigt habe. Der Geschäftsführer der Wista-Management GmbH, die den Wissenschaftspark Adlershof betreibt, erarbeitet im Auftrag des Senats unterschiedliche Nachnutzungsvarianten für den Flughafen. Ohne potente Investoren droht der Stadt womöglich eine über Jahre andauernd ungeklärte dauerhafte Nutzung des 460 Hektar großen Areals.
Ein Abriss der Bestandsgebäude fällt für Schmitz als Option weg. Er schlägt als Zwischenlösung vor, in den Flughafengebäuden vorübergehend Büros für frisch gegründete Firmen aus dem Bereich Mobilität, Energie und Kommunikation einzurichten. Dass es immer noch nicht gelungen ist, ein Unternehmen dauerhaft zu gewinnen, obwohl die Schließung von Tegel seit 18 Jahren beschlossen ist, findet Michael Schäfer erschütternd. Sein Vorwurf richtet sich aber weniger an Schmitz: „Der Regierende Bürgermeister und die Senatoren müssen mehr Klinken putzen.“
Auch Jutta Matuschek von der Linkspartei fordert den Senat zum Handeln auf. Die rot-rote Vorgängerregierung habe konzeptionelle Vorarbeit geleistet, doch der neue Senat tue sich schwer mit der Umsetzung und habe vor allem die Finanzierung noch nicht geklärt. Ein Großteil der vom Senat bewilligten Entwicklungsgelder soll erst ab 2017 zur Verfügung stehen. Doch ein Leerstand des Flughafengeländes würde jährlich vier bis fünf Millionen Euro kosten. „Die Leerstandskosten könnten durch Investitionen ausgeglichen werden, dies würde der Stadt sogar noch Einnahmen bringen“, sagte Matuschek der taz.
Große Erwartungen werden vor allem an die Weddinger Beuth-Hochschule für Technik geknüpft, die am Airport einen weiteren Standort eröffnen will. „Wir platzen aus allen Nähten“, so Beuth-Sprecherin Monika Jansen zur taz. Die Hochschule halte an ihren Umzugsplänen fest, die Entscheidung darüber liege nun beim Senat. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung war bis zum Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“