Zukunft von DDR-Bad in Friedrichshain: Das SEZ geht endgültig baden
Um das Gelände am Volkspark Friedrichshain tobt ein erbitterter Streit. Der Senat will es vom Investor zurückkaufen. Doch der mauert.
Eine Schlittschuhbahn, sieben Schwimmbecken, eine Kegelanlage und mehrere Restaurants – zu seiner Eröffnung im Sommer 1981 war das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) ein Vorzeigeprojekt der DDR-Vergnügungsindustrie. Prunkvoll und überdimensioniert, ein Symbol sozialistischer Fortschrittlichkeit.
Heute, 35 Jahre später, ist das Gebäude marode, nur ein Teil des Sportbereichs und einige Saunen sind noch geöffnet – und um das fast fünf Hektar große Gelände am Volkspark Friedrichshain tobt ein erbitterter Streit. Der Berliner Senat will das Gelände von dem umstrittenen Investor Rainer Löhnitz zurückkaufen. 2003 hatte der Leipziger Investor das Gelände für den symbolischen Preis von einem Euro vom Land erworben. Die vertraglich festgelegte Bedingung: Der Investor sollte das marode und geschlossene Hallenbad wieder in Betrieb nehmen.
Senat will SEZ zurück
Dies sei nach 13 Jahren noch immer nicht geschehen – so sieht man es zumindest im Berliner Senat. Der Liegenschaftsfonds, der die landeseigenen Immobilien verwaltet, hat darum seine Anwälte eingeschaltet und ein Rückkaufverfahren eingeleitet. Dem Investor will die Behörde den Verkaufspreis sowie die Renovierungskosten bezahlen und das Gebäude wieder zum Landeseigentum machen.
Doch das Vorgehen des Liegenschaftsfonds ist umstritten. Denn der Senat besitzt nur Wiederkaufsrecht, wenn die Bedingungen des Kaufvertrags nicht erfüllt sind. Der Passus im Kaufvertrag, in dem davon die Rede ist, das „Hallenbad“ wieder zu eröffnen, ist juristisch unscharf formuliert – und Kern des Streits zwischen dem Senat und dem Leipziger Investor.
Denn dieser sieht sich keinesfalls dazu verpflichtet, den Badebetrieb wieder aufzunehmen. Schwimmen, so viel ist klar, kann im SEZ jedenfalls niemand. Zwar gibt es ein überdachtes Becken, doch sei hier schon seit Jahren die Pumpe kaputt und das Becken unbeheizt, teilt ein Mitarbeiter auf Nachfrage mit.
Vor einigen Monaten war der Senat noch der Ansicht, dass der Vertrag damit dennoch erfüllt sei: Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof erklärte im Januar auf Anfrage eines Piratenabgeordneten, dass Löhnitz vertraglich nicht dazu verpflichtet sei, den Betrieb des Hallenbades „im ursprünglichen Umfang“ wieder aufzunehmen und dass ein dauerhafter Betrieb „nicht verpflichtend vorgesehen“ gewesen sei.
Wie kommt es, dass der Senat seine Rechtsauffassung nun ändert? „Seit April lassen wir die Unterlagen von einem externen Wirtschaftsprüfer begutachten“, sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen, Eva Henkel. Nach der Prüfung sei man zu der Auffassung gelangt, dass der Investor Löhnitz der Vertragsbedingungen offenbar nicht erfüllt habe.
In mehreren Schreiben, die der taz vorliegen, fordern die Anwälte des Berliner Liegenschaftsfonds Löhnitz nun auf, das Gelände an den Berliner Senat zurückzugeben, da das Hallenbad nicht in Betrieb genommen sei. Der Leipziger Investor kündigte in seinem Antwortschreiben an, er werde „mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln“ gegen die Wiederkaufsbestrebungen des Senats vorgehen. Der taz sagte Löhnitz: „Ich werde denen so lange vor das Schienbein treten, bis sie es satthaben, sich mit mir anzulegen.“
Das Verhältnis zwischen Senat und Investor gilt als zerrüttet. Aus Senatskreisen heißt es, Löhnitz sei monatelang nicht zu erreichen gewesen und habe sich mehrfach nicht an Absprachen gehalten.
Uneins über Zukunft
Die Fronten sind verhärtet – und so wird wohl ein Gericht darüber entscheiden müssen, wie es mit dem SEZ künftig weitergeht. Denn auch in ihren Zukunftsplänen für das Gelände sind sich Senat und Investor uneins. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung will auf dem Gelände eine Schule und bis zu 800 Wohnungen bauen – ein Viertel davon sollen nach dem „Berliner Baulandmodell“ Sozialwohnungen sein.
Löhnitz’ Plan sieht dagegen vor, Studentenwohnungen, ein Seniorenwohnheim, mehrere Labore und eine Kita auf dem Gelände zu errichten. Die Sozialwohnungen lehnt er ab und den Bebauungsplan des Senats bezeichnete er vor wenigen Wochen als „Nötigung“. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis für die SEZ-Anwohner klar ist, was mit dem ehemaligen Prunkstück in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft passieren wird.
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