: Zuhälters Freude
■ Sozialbehörde kürzt Geld für Kampf gegen Frauenhandel und Prostitution
Wieder trifft es die Frauen, wieder diejenigen, die Opfer von Gewalt werden: Die Behörde für Soziales und Familie hat dem Verein „Amnesty for Women“ die Hälfte seines Etats gestrichen. Damit ist die Existenz der hamburgweit einzigen Beratungsstelle gegen Zwangsprostitution und Frauenhandel gefährdet. Mitarbeiterin Pat Mix: „Das wird dazu führen, dass weniger Täter vor Gericht gebracht werden.“
„Amnesty for women“ kümmert sich aber nicht nur um Prostituierte. Auch für andere Frauen aus Lateinamerika, Osteuropa und Asien ist der Verein das einzige Angebot in Hamburg. Mit zwei Planstellen unterstützt „Amnesty für Women“ seit 1986 jährlich 500 Frauen mit Beratung, Deutschkursen oder Berufsbildung. Er ist zudem an drei EU-Projekten beteiligt – auch das ist durch die Kürzungen gefährdet.
Die Kürzung widerspricht zudem der Ankündigung von Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jas-tram (CDU), künftig verstärkt neu angekommene MigrantInnen aus Nicht-EU-Ländern zu fördern – an eben jene richtet sich „Amnesty for Women“ auch. Eine Begründung für die Entscheidung konnte die Behörde noch nicht angeben.
Zugleich warnten gestern die deutsch-ausländischen Begegnungsstätten erneut vor dem Glauben, EU-MigrantInnen bedürften keiner Unterstützung mehr. „Bei vielen Zuwanderern der ersten Generation entsteht der Beratungsbedarf erst jetzt im Alter“, sagt Iris Jäger, Geschäftsführerin des Verbundes für Interkulturelle Kommunikation und Bildung. So würden beispielsweise viele ältere MigrantInnen berufsunfähig - verfügten aber nicht über ausreichende Deutschkenntnisse, um sich an eine deutsche Beratungsstelle zu wenden. Angesichts der Argumentation der Sozialbehörde, die MigrantInnen könnten die Beratung selbst finanzieren, warnt Jäger vor „Parallelgesellschaften“: „Auch eine gute Selbstorganisierung braucht eine Infrastruktur.“ Zudem seien es gerade die Beratungsstellen, die im Einzelfall die „soziale Katastrophe“, zum Beispiel den Verlust der Arbeit oder Wohnung, verhindern: „Eine Kürzung hier führt später nur zu umso größeren Folgekosten.“ Heike Dierbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen