Zuckerberg auf Entwicklerkonferenz F8: Neue Töne vom alten Facebook
Mark Zuckerberg kündigt Konkurrenz für Dating-Apps an – und versucht nach dem jüngsten Datenskandal die Wogen zu glätten.
„Was ich dieses Jahr gelernt habe, ist, dass wir einen umfassenderen Blick auf unsere Verantwortung haben müssen. Es reicht nicht, machtvolle Werkzeuge zu entwickeln. Wir müssen uns auch darum kümmern, dass sie für Gutes genutzt werden.“
Mark Zuckerberg blickt in die Menge, die ihm am Dienstag auf der Facebook-Entwicklerkonferenz F8 in San José zuhört, während er diese bahnbrechende Erkenntnis preisgibt. Oder sieht er in die Kameras, die seine Rede auf verschiedenen Plattformen live übertragen?
Denn eigentlich sind es nicht die EntwicklerInnen im Raum, die seine Botschaft hören wollen – die wären eher weniger begeistert von einem neuen, datenschutzfreundlichen Kurs. Nein, Zuckerbergs Ansprache gilt den NutzerInnen von Facebook, die sich nach dem Skandal um die Firma Cambridge Analytica endlich mehr Gedanken um die Sicherheit ihrer Privatsphäre machen und den Social-Media-Giganten damit unter Druck setzen.
Und das scheint Wirkung zu zeigen. Zuckerberg spricht lange darüber, wie Facebook gegen Fake-Profile vorgeht und für mehr Transparenz bei Werbeanzeigen sorgen will. Dann kündigte er ein neues Feature an: „Clear History“. Funktionieren soll es in etwa wie das Löschen des Verlaufs im Browser. Informationen über angeklickte Links und besuchte Websites können so gelöscht werden. Künftig sollen UserInnen das Speichern dieser Daten auch komplett abschalten können.
Die Krise ist noch nicht vorbei
Nicht einmal einen Monat ist es her, dass Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress erscheinen und sich den Fragen der Abgeordneten stellen musste. Vor einigen Tagen kam der nächste Schlag für Facebook: WhatsApp-Mitbegründer Jan Koum verließ das Unternehmen, offenbar nach einem Disput über – wer hätte es gedacht – Datenschutz.
Facebook hatte WhatsApp im Jahr 2014 unter anderem unter der Bedingung gekauft, die Nutzerdaten des Messaging-Dienstes nicht mit denen von Facebook zu verknüpfen. Zwei Jahre später geschah aber genau das. Brian Acton, ebenfalls Mitbegründer von WhatsApp, kündigte daraufhin bereits 2017, um sich stattdessen einem gemeinnützigen Projekt zu widmen.
Er war einer der Unterstützer der #DeleteFacebook-Kampagne. Nun folgte ihm sein ehemaliger Kollege Koum.
Obwohl es die schwerste Krise ist, die Facebook je durchmachen musste, scheint das Unternehmen sich aber keine ernsthaften Sorgen machen zu müssen. Im ersten Quartal wurden 64 Prozent mehr Gewinn erwirtschaftet als im letzten Jahr: insgesamt 4,99 Milliarden.
Eine Portion Romantik hilft bestimmt
Inmitten der anhaltenden Diskussion über Privatsphäre im Internet kündigte Zuckerberg auf der F8 eine neue Erweiterung für Facebook an, die mit besonders sensiblen Daten arbeitet: einen Dating-Service.
Mit einem separaten Profil sollen UserInnen bald ausschließlich Menschen außerhalb ihres Freundeskreises kennenlernen können. Die Vorschläge würden über gemeinsame Gruppen und Events generiert und sollen „nicht nur zum Aufreißen“ führen, sondern vor allem zu ernsthaften Beziehungen, sagte Zuckerberg.
Abgesehen von dem eigentümlichen Zeitpunkt ist der Einstieg in das Dating-Geschäft nicht unbedingt überraschend. Facebook versucht schon lange, sein Angebot in alle Richtungen zu erweitern und sich Features und Firmen der Konkurrenz einzuverleiben. NutzerInnen sollen so keinen Grund mehr haben, externe Seiten aufzurufen.
Kurz nach Bekanntgabe des neuen Features stürzten die Aktien der Match Group, die die populären Dating-Apps Tinder und OkCupid betreibt, in den Keller. 22 Prozentpunkte kostete sie allein die Ankündigung Facebooks, in den Markt mit einzusteigen.
Ob es allerdings wirklich Grund zur Angst gibt, wird sich zeigen. Während die Macher der App Bumble sofort eine Zusammenarbeit anboten, wählte die Match Group kritischere Worte mit Blick auf die Datensicherheit: „Der Zeitpunkt dieser Ankündigung überrascht uns angesichts der Menge an sensiblen und persönlichen Daten, um die es auf diesem Gebiet geht“, schrieb die Vorsitzende Mandy Ginsberg. Und Joey Levin, Chef der Muttergesellschaft IAC, setzte noch einen drauf: „Ihr Produkt könnte toll sein für die amerikanisch-russischen Beziehungen.“
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