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Archiv-Artikel

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Die Pläne für die Airbus-Piste wecken Erinnerungen an Altenwerder. Dennoch wäre die Enteignung zugunsten der Fabrik ein Präzedenzfall. Ob die Versprechen der Flugzeugbauer ausreichen, ist fraglich

von GERNOT KNÖDLER

Der Anwalt Michael Günther dürfte dieser Tage so manches Déja-vu erleben. Denn der Streit um die Verlängerung der Airbus-Werkspiste in das Dorf Neuenfelde hinein ähnelt in vielem dem Kampf um Altenwerder, von dem heute nur noch die Kirche übrig ist – ein Denkmal inmitten eines geisterhaften neuen Containerterminals, in dem kaum ein Mensch gebraucht wird. Hier wie da ging es um ein allmähliches Sterben, das Gemeinwohl, mögliche Alternativen und den Sofortvollzug von Bauarbeiten, deren Rechtmäßigkeit erst viele Jahre später geklärt war.

Acht Jahre hat das Verwaltungsgericht gebraucht, um endgültig festzustellen, ob der von Günthers Kanzlei vertretene Förderkreis „Rettet die Elbe“ befugt war, gegen die Hafenerweiterung zu klagen. Anfang vergangenen Jahres hat das Gericht die Klage ad acta gelegt. Die Bewohner des Elbdorfes hatte der Senat längst durch sukzessives Aufkaufen der Grundstücke mürbe gemacht. Der letzte Eigentümer, Werner Boelke, gab erst auf, als die meterhohe Sandschicht, die Strom- und Hafenbau für den Containerhafen aufspülte, fast seinen Garten erreicht hatte. Zugunsten einer außergerichtlichen Einigung mit der Stadt ließ er die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen seine drohende Enteignung 1997 fallen.

Senat und Bürgerschaft haben Altenwerder und Moorburg mit dem Hafenerweiterungsgesetz von 1961 dem Hafen zum Fraß vorgeworfen. Das Gesetz musste zwar aufgehoben werden, feierte aber in einer verbesserten Version als Hafenentwicklungsgesetz 1982 fröhliche Urständ. Herbert Nix von „Rettet die Elbe“ nennt es „Hafenermächtigungsgesetz“, weil in seinem Geltungsbereich keine Planfeststellungsverfahren mit entsprechenden Beteiligungsrechten vonnöten sind.

Das Hafenentwicklungsgesetz ermöglicht Enteignungen zugunsten des Ausbaus der öffentlichen Infrastruktur. Zwar ist aufgrund von Boelkes Rückzieher nicht höchstrichterlich geklärt worden, ob das rechtmäßig ist. Desto größere Zweifel hat Günther bei dem Enteignungsgesetz, das die Bürgerschaft verabschiedet hat, um eine zusätzliche Verlängerung der Airbus-Werkspiste in Finkenwerder zu ermöglichen. „Hier geht es um eine privatnützige Planung“, sagt der Anwalt. „Das ist ein wesentlicher Unterschied.“

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts erlaubt das Grundgesetz (Kasten) auch mittelbar gemeinnützige Enteignungen. Wie es in seinem Urteil zu der geplanten Daimler-Benz-Teststrecke in Boxberg ausführte, muss der Gesetzgeber jedoch den Zweck dieser Enteignung deutlich umschreiben und sicherstellen, dass dieser tatsächlich erreicht wird. Nach Ansicht der Kläger gegen die Pistenverlängerung reicht das Enteignungsgesetz dafür nicht aus.

Statt konkret zu bestimmen, wie viele Arbeitsplätze durch die Piste entstehen sollen, und Sanktionen für den Fall festzulegen, dass Airbus doch nicht in Finkenwerder produziert, soll Airbus lediglich verpflichtet werden, „sämtliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Produktion und die Auslieferung von Großraumflugzeugen wie dem Airbus A380 in Finkenwerder erfolgt“. Mit Verwunderung registriert der Anwalt Rüdiger Nebelsieck, „dass man sich auf den Goodwill von Airbus verlässt, obwohl Airbus Deutschland nicht alleine die Fäden zieht“.

Nebelsieck moniert zudem, dass unklar sei, ob das Parlament oder die Planfeststellungsbehörde den Bedarf für die Verlängerung feststellen muss. Die Abgeordneten von SPD und CDU hätten einerseits auf die Prüfung durch die Behörde verwiesen, andererseits hätten die Fraktionsspitzen öffentlich verkündet, dass Bedarf bestehe.

Die Aussagen von Airbus machten es schwierig festzustellen, ob es Alternativen zu der Verlängerung gebe. Vor allem werde die Frage geklärt werden müssen, „ob der deutlich verkündete Wille eines Konzerns ausreichend sein kann, um die Eigentumsrechte Dritter zu brechen“, findet Nebelsieck.