■ Mit dem Ozonversuch auf du und du: Zu kleines Heilbronn
Berlin (taz) – Vier Tage lang durften die HeilbronnerInnen im letzten Frühsommer nur mit Kat-Autos durch die Gegend fahren. Auf der Autobahn war Tempo 60 angesagt, und viele Firmen drosselten freiwillig ihre Emissionen. Die Ozonkonzentration aber blieb in dem etwa 40 Quadratkilometer großen Versuchsgebiet so hoch wie zuvor. Das ist ein Ergebnis der wissenschaftliche Auswertung, die Baden-Württembergs Umweltminister Harald Schäfer gestern vorstellte.
„Die Ergebnisse sind kein Grund zur Resignation“, meint aber Matthias Bergmann vom Ökoinstitut, der zusammen mit sechs weiteren Experten die Meßdaten bewertet hat. Das Versuchsgebiet sei zu klein gewesen, denn Ozon breitet sich großflächig aus. Die Ozon-Vorläufersubstanzen Kohlenwasserstoffe und Stickoxide sind in der Innenstadt von Heilbronn jedenfalls um fast die Hälfte zurückgegangen, während die Meßstationen außerhalb des Verkehrssperrgebiets nur eine Reduzierung um 20 bis 33 Prozent registrierten. „Wenn Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim mit einbezogen worden wären, dann hätte sich garantiert auch eine Ozonminderung eingestellt“, so Bergmann. Deutlich widerlegt sei jedenfalls, daß Emissionsminderungen zu einer Erhöhung der Ozonwerte führen, wie vielfach behauptet worden war.
Die Bevölkerung in Heilbronn fand den Versuch fast durchweg positiv: Auch ein halbes Jahr später gaben beinahe alle von der Fachhochschule Pforzheim befragten BürgerInnen an, sie hätten die Situation als deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität empfunden. Außer der enormen Schadstoffreduzierung in der Luft konnte auch eine Lärmverminderung von etwa fünf Dezibel erreicht werden.
Inzwischen sind sogar konservative PolitikerInnen aufgewacht. Im Bundesumweltministerium wird zur Zeit an einer Sommersmogverordnung gebastelt, zu der die Landeskollegen Angela Merkel im November angeregt hatten. Schon vor diesem Sommer soll sie in Kraft treten. Welche Grenzwerte darin anvisiert werden, verraten die Ministerialen ebensowenig wie die ins Auge gefaßten Maßnahmen.
Matthias Bergmann schlägt vor, daß künftig die Umweltschutzbehörden – und nicht die Verkehrsämter – die Entscheidungsbefugnis über verkehrsbeschränkende Maßnahmen haben sollen. Unbedingt notwendig sei es, auch die Lkw-Lawine zu bremsen; davon steht in dem Umweltministerantrag allerdings kein Wort. Annette Jensen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen