Zu hoher Spritverbrauch: Entlassungen bei Volvo
Weil die Autos von Volvo zu viel verbrauchen, müssen über 2.000 Mitarbeiter gehen. Der Mutterkonzern Ford plant weitere Kürzungen. Das will die Regierung nun verhindern.
STOCKHOLM taz Ein staatliches Hilfspaket wird in Schweden für den Pkw-Hersteller Volvo vorbereitet. Der ist durch rapide gesunkene Verkaufszahlen in eine tiefe Krise geraten und hat bereits die Entlassung von mehr als 2.000 der 17.000 Beschäftigten angekündigt. Verkaufsgerüchte machen die Runde, auch wenn der Ford-Konzern, zu dem Volvo seit 1999 gehört, solche Pläne bislang verneint.
Hauptgrund für die Schwierigkeiten von Volvo - das mit dem Lkw-Konzern nur noch den Namen gemeinsam hat - ist, dass das Management die Entwicklung sparsamerer Autos jahrelang verschlafen hat und nun mit einer Palette vergleichsweise besonders durstiger Modelle dasteht. Doch die sind nicht mehr gefragt. Geradezu dramatisch knickten die Verkaufszahlen für August mit einem Minus von 49 beziehungsweise 48 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat auf den beiden wichtigen Exportmärkten USA und Russland ein. In Deutschland verbuchte man ein Minus von 14 Prozent, auf dem schwedischen Heimatmarkt ging der Absatz um ein Drittel zurück.
Angesichts einiger neuer Modelle, die jetzt in den Handel kommen, hofft das Unternehmen zwar für den Rest des Jahres auf bessere Zeiten, prognostiziert aber selbst einen Produktionsrückgang von mindestens 15 Prozent. Der sowieso schwächelnde Ford-Konzern hat nicht nur mit Entlassungen reagiert, sondern plant auch, die Entwicklungs- und Forschungsabteilung bei Volvo deutlich zu verkleinern. Damit geht Ford nach Meinung von Analysten ans Eingemachte. Ohne die Entwicklung eigener Modelle könne Volvo erst recht nicht überleben.
Das nun ins Auge gefasste Hilfsprogramm, bei dem man aus Gründen des EU-Wettbewerbsrechts den Bezug zu Volvo vermeidet und allgemein davon spricht, den Standort Schweden für Autohersteller "attraktiv" halten zu wollen, will an diesem Punkt ansetzen und lockt mit der Finanzierung von Teilen der Entwicklungs- und Sicherheitsarbeit durch öffentliche Programme. Ein ähnliches Forschungs- und Infrastrukturpaket hatte man vor einigen Jahren für die GM-Tochter Saab aufgelegt, als deren Produktion ins deutsche Rüsselsheim abzuwandern drohte.
"Wenn wir jetzt nicht was auf die Beine stellen, ist die gesamte Produktion in Schweden bedroht", fürchtet Stig Axelsson, Vorsitzender der Volvo-Sektion der Angestelltengewerkschaft. Ein mögliches Szenario sei, dass Ford die Produktion ganz ins belgische Gent verlegt, wo schon jetzt die kleineren Modelle hergestellt werden.
Stockholm hat in der Vergangenheit im Allgemeinen darauf verzichtet, unrentabel werdende Branchen mit Staatsgeld künstlich am Leben zu halten. Stattdessen wurden Fabrikschließungen als notwendiger Strukturwandel verstanden. Doch kommen die Probleme bei Volvo zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die weitere Zukunft von Saab liegt im Nebel und auch die Lkw-Hersteller Volvo - der gerade 1.400 Entlassungen ankündigte - und Scania zeigen erste Symptome der Schwäche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett