: Zu früh gekürzt ohne Not
Bildungssenatorin Dinges-Dierig zieht jetzt an Schulen 22 Prozent Sprachförderung ab, obwohl sie die Stellen derzeit noch nicht braucht. Behörde räumt „Überhang“ ein
An Hamburgs Schulen dreht sich das Personalkarussell. Nicht nur wegen der vergrößerten Klassen, auch wegen der Streichung der Sprachförderung um 22 Prozent müssen beinah alle Schulen Lehrer abgeben. So muss beispielsweise die Schule Slomanstieg auf der Veddel auf ein bis zwei Lehrer verzichten, obwohl sie Kinder aus 29 Nationen integriert.
„In der dritten Generation der Migranten gibt es ganze Klassenverbände, die eine sprachliche Unterfütterung brauchen. Diese zu verweigern, ist ein Verbrechen“, erklärt die SPD-Abgeordnete Luisa Fiedler, die selber an der Gesamtschule Wilhelmsburg unterrichtet. Doch es gibt ihres Erachtens weder eine Analyse noch ein neues Konzept, das diese Kürzung rechtfertigt.
Letzteres soll frühestens im übernächsten Schuljahr greifen. Der Elternkammervorsitzende Holger Gisch hat nun anhand des „Lehrerstellenplans 2004 bis 2008“ errechnet, dass die Kürzung noch nicht nötig wäre. Denn die Mehrbedarfe durch zusätzliche Schüler und neue Ganztagsschulen schlagen frühestens in ein bis zwei Jahren zu Buche. Wie Gisch rügt, spart Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) schon dieses Jahr 750 Stellen „und braucht nicht mal die Hälfte“. Gisch fordert nun „Transparenz“, was mit den Stellen geschieht.
Mehr Fragen als Antworten haben auch die Personalräte nach der Organisationkonferenz in der Behörde am Montag. Ihnen wurde mitgeteilt, dass die rund 300 ab August durch Pensionierung frei werdenden Stellen bis zum 1. Februar nicht nachbesetzt werden, was etwa 3,5 Millionen Euro spart. Auch würden zum Start des neuen Schuljahrs im August von den 13.766 verfügbaren Stellen nur 13.480 an den Schulen besetzt. Die Differenz der Stellen sei ebenfalls „gesperrt“, berichtet Personalrätin Katrin Heinig, „größtenteils ohne ersichtbaren Grund“. So habe die Senatorin etwa die Hand auf 30 Stellen für ein neues Konzept an Hauptschulen gelegt, das noch gar nicht existiert.
„Die Stellen sind an den Schulen, da ist nichts gesperrt“, hielt Behördensprecher Alexander Luckow dagegen. Zwar gebe es einen „Überhang an Stellen“ um „vor Ort nach Bedarf nachzusteuern“, wie viele und wo konnte er jedoch nicht sagen. KAIJA KUTTER