Zoff um Myfest: Der neue Kreuzbergmythos
Die Grünuniformierten – so erzählen es sich Kreuzberger Kiezveteranen – stürmten am 1. Mai 1987 grundlos das von Basisgruppen organisierte Kiezfest am Lausitzer Platz. Seither lebt in Kreuzberg der Mythos vom 1. Mai. Und was einmal eingeführt wurde, lässt sich nur noch mit viel Fingerspitzengefühl ändern – auch wenn sich die Tradition längst überholt hat.
Kommentarvon Gereon Asmuth
Diese Erfahrung mussten auch die Initiatoren des Myfestes machen. Nur mit viel Geduld und Gespür für die Sensibilitäten des Bezirks ist es ihnen Jahr für Jahr besser gelungen, das Vertrauen der Anwohner zu gewinnen. So konnten sie das sinnentleerte Ritual der Maikrawalle durch ein ausgelassenes Fest ersetzen.
Die Erfahrung macht nun auch der neue Bezirksbürgermeister. Anders als seine Amtsvorgängerin Cornelia Reinauer (PDS) stellt sich Franz Schulz (Grüne) nicht als bloßes Aushängeschild vor eine Stadtteilinitiative. Er zweifelt die traditionelle Struktur des Organisationskomitees an. Ob dieser Eingriff inhaltlich begründet ist, lässt sich von außen nur schwer beurteilen. Es ist für die Bewertung des Konfliktes aber auch zweitrangig. In erster Linie geht es darum, das Myfest nicht zu gefährden. Alles andere läuft auf eine erneute Eskalation hinaus.
Dennoch werfen Grüne und SPD ihre Erfahrungen mit Deeskalationsmaßnahmen fahrlässig über Bord und hauen lustig aufeinander ein. Freuen kann das nur die Traditionalisten. Die können sich – ohne ein sensibel vorbereitetes Myfest – auf die Wiederbelebung der Gewaltrituale freuen.
Ausgerechnet die Grünen – so werden es sich die Kiezveteranen dereinst erzählen – verhunzten am 1. Mai 2007 das von Basisgruppen organisierte Kiezfest. Das würde locker zehn Jahre für einen neuen Kreuzberger Mythos reichen.
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