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Zoff um Demo-RouteAuf Umwegen zum 1. Mai

Die Polizei verbietet Teile der 1. Mai-Demo ins Zentrum. Antifa-Bündnis wertet das als "Affront" und rüstet rhetorisch auf.

Objekt der Protestbegierde: das Brandenburger Tor. Bild: reuters

Die Demo-Route am 1. Mai wird zum Streitfall: Die Polizei will die Strecke des Autonomen-Aufzugs von Kreuzberg ins Regierungsviertel nur zum Teil genehmigen. Die Linksradikalen werten das als Eskalation – und rüsten selbst verbal auf.

Zum ersten Mal seit Jahren will das Berliner Antifa-Bündnis seine „Revolutionäre 1. Mai“-Demonstration aus Kreuzberg hinaus gen Stadtmitte führen. Vom Lausitzer Platz soll es ab 18 Uhr zum Brandenburger Tor gehen. So soll laut Aufruf der „Widerstand ins Zentrum der politischen Macht“ getragen werden. Laut der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin (Arab) hat die Versammlungsbehörde die Route allerdings Ende letzter Woche an drei Punkten untersagt. Statt über die Skalitzer Straße soll die Strecke nun nördlich über die Köpenicker und Heinrich-Heine-Straße führen. Das Axel-Springer-Haus soll umgangen werden und der Endpunkt am Leipziger statt am Pariser Platz liegen.

Arab-Sprecher Jonas Schiesser wertet das als „Affront“ und „Zuspitzung durch die Polizei“. „Wir haben die Route bewusst gewählt, um an markanten Orten unsere politische Kritik zu artikulieren.“ Der Springer-Verlag stehe für „rassistische, reaktionäre Hetze“, die benachbarte Zentrale der Wohnungsbaugesellschaft GSW für die Verdrängung armer Mieter aus der Innenstadt. Das Bündnis prüft nun eine Klage vorm Verwaltungsgericht.

Die Polizei wollte sich nicht zu den Einwänden der Versammlungsbehörde äußern. Man werde in der kommenden Woche die Einsatzstrategie zum 1. Mai vorstellen, sagte ein Sprecher der Behörde.

Laut Schiesser nannte die Polizei logistische Gründe. So seien die Skalitzer Straße und der Pariser Platz zu eng für mögliche Einsätze von Polizei- und Rettungskräften. Die Springer-Zentrale sei wegen Aufbauarbeiten zu einem Fest anlässlich des 100. Geburtstags von Verlagsgründer Axel Springer am 2. Mai blockiert. „Alles Scheinargumente“, moniert Schiesser. „Dass das Demonstrationsrecht von 15.000 Menschen wegen einer privaten Geburtstagsfeier eingeschränkt wird, ist skandalös.“ Er verschärft den Ton noch: „Wenn die Polizei uns Steine in den Weg legt, muss sie sich nicht wundern, wenn diese zurückfliegen.“

Der Springer-Verlag verwies auf die Polizei. "Wir nehmen keinen Einfluss auf die Planung und Freigabe von Demonstrationsrouten", sagte Sprecher Michael Schneider. "Hierfür sind die Ordnungsbehörden zuständig."

Bereits 2009 hatte das Verwaltungsgericht einen 1. Mai-Aufzug des „Mayday“-Bündnisses im Stadtzentrum untersagt: Die Demo durfte wegen Sicherheitsbedenken nicht durch die Friedrichstraße ziehen. Ähnlich urteilte das Gericht 2000, als die 18-Uhr-Demo erstmalig über die Friedrichstraße zum Hackeschen Markt ziehen wollte.

Einen weiteren Ortswechsel gibt es am Vorabend des 1. Mai. Die „antikapitalistische Walpurgnisnacht“, traditionell in Friedrichshain, findet diesmal im Wedding statt. Ab 14 Uhr soll es am Max-Josef-Metzger-Platz Konzerte, um 21 Uhr die Demonstration „Nimm, was Dir zusteht“ ab dem S-Bahnhof Wedding geben. „Spätestens mit dem Ende vom Flughafen Tegel wird die Gentrifizierungswelle den Wedding vollends erreichen“, heißt es. Deshalb wolle man „früh und kraftvoll“ im Stadtteil „intervenieren“.

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6 Kommentare

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  • CT
    @claudia & thomas

    hui ui ui, da muss ich die letzten jahre aber gewaltig was verpasst haben, wenn am 1. mai "überall" autos und andere sachen gebrannt haben, weil die antifa nicht nur rethorisch aufgerüstet hat...

    bin - als kreuzberger - seit jahren am 1. mai unterwegs, brennende autos gab's zuletzt 2003 oder so (also vor fast 10 jahren!). und "die antifa" hat in den letzten jahren eher "abgerüstet", wenn man so will: dass sie ihre demo-blöcke mit dicken seilen und/oder sich selber mit helmen schützen, dass zuhauf (nicht nur ein oder zwei, wie 2009) molotowcocktails auf die polizei fliegen, dass zwillen mit stahlgeschossen eingesetzt werden - das gibt's sogar schon länger nicht mehr.

     

    aber klar, für leute, deren aufmerksamkeitsspanne bis zur nächsten werbepause reicht und die ihr zeitgeschichtliches wissen aus der BLÖD-zeitung beziehen, für die ist natürlich jeder furz gleich "terror" und "die schlimmste randale aller zeiten". 1981 hättet ihr wahrscheinlich 'nen herzinfarkt gekriegt.

  • K
    Knut

    Jetzt aber mal Butter bei die Fische!

  • EK
    Eier Kuchen

    Mehl und etwas Salz gibt man in eine Schüssel, schlägt allmählich die Eier hinein, immer gut rührend, damit keine Klumpen entstehen, gleichzeitig auch in kleinen Portionen die Milch beigebend. In einer Stielpfanne lässt man Fett heisswerden, gibt einen Schöpflöffel Masse hinein und lässt unter leichtem Anheben der Pfanne den Teig breitlaufen. Ist er von unten lichtbraun gebacken, wendet man den Eierkuchen mit einer breiten Schaufel um, nachdem man zuvor von der Seite her etwas frisches Fett in die Pfanne gegeben hat. Anfänger können zum Umwenden auch einen Deckel benutzen: man lässt den Eierkuchen von der Pfanne auf den Deckel gleiten, gibt Butter auf den Kuchen, legt dann die Pfanne darauf und wendet um.

  • K
    Kurt

    Wegen einer privaten Jubelfeier des Springer-Verlags, die auch noch an einem anderen Datum stattfindet, wird eine angemeldete Demo die Route untersagt? Das widerspricht jeder Verhältnissmäßigkeit und dem Recht auf Versammlungsfreiheit. Ich empfehle zu klagen.

     

    Hier ein Mobivideo für die Demo

    http://www.youtube.com/watch?v=V5ykPbQ9hik

  • TT
    Thomas Trasolt

    DIe "Antifa" rüstet sicher nicht nur "rethorisch" auf,-das wissen wir doch alle! Und das die Polizei verhindern will, das der Terror sich ins Zentrum ausbreitet ist schon ganz ok,-vielen Dank dafür!

  • C
    Claudia

    Na wenn jetzt wieder mal überall Autos, Mülltonnen brennen, Scheiben klirren und Polizisten in die Notaufnahme müssen, gibts wenigstens auch wieder eine Rechtfertigung: Die Polizei hat die friedlichen Demonstranten natürlich provoziert mit dem Verbot und ist Schuld an den Ausschreitungen.