Zentralbank kauft kaum Staatsanleihen: Euro-Spekulanten verlieren Wette
Trotz vieler Gerüchte: Die Europäische Zentralbank kauft nicht im großen Stil Staatsanleihen, um die Märkte zu beruhigen. Liquiditätshilfen für Banken setzt sie aber fort.
Die Märkte reagierten sofort. Der Euro fiel am Donnerstag, noch während Jean-Claude Trichet seine Pressekonferenz abhielt. Denn der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) enttäuschte die Investoren. Er teilte mit, dass sich die europäische Geldpolitik vorerst nicht ändern wird. Dabei hatten Spekulanten auf eine Sensation gehofft. Hartnäckig hatte sich vor der Sitzung der EZB das Gerücht gehalten, dass die Notenbank den Kauf von Staatsanleihen der Euro-Krisenländer im Wert von 1 bis 2 Billionen Euro ankündigen würde.
Eine gewisse Rationalität hatte dieses Gerücht: Allein Spanien und Italien müssen im kommenden Jahr 500 Milliarden Euro auf den Kapitalmärkten aufnehmen, um auslaufende Kredite zu refinanzieren und ihr Haushaltsdefizit zu decken.
Da jedoch die Investoren eine Staatspleite fürchten, steigen die Risikoaufschläge seit Wochen - diese Zinslasten könnten für die angeschlagenen Länder bald nicht mehr tragbar sein. Aus Spanien war daher vor der EZB-Sitzung zu hören gewesen, dass es einen Sondergipfel der EU-Regierungschefs zur Euro-Krise geben müsse, falls sich die Zentralbank nicht für den Kauf von Staatsanleihen entscheiden könne.
Völlig neu wäre eine solche Aktion zur Beruhigung der Finanzmärkte nicht. Denn in einem bescheidenen Umfang tut die EZB dies bereits: Seit dem Ausbruch der Griechenlandkrise im Mai wurden rund 67 Milliarden Euro investiert. Allein in der vergangenen Woche kaufte die EZB Staatsanleihen für 1,35 Milliarden Euro auf. Dieses Sonderprogramm soll fortgesetzt werden, wie Trichet nun ankündigte. Die Geldmenge wird damit aber nicht erhöht, denn weiterhin soll der Grundsatz gelten, dass diese Käufe durch Gegengeschäfte "neutralisiert" werden.
Die Weigerung der EZB, in großem Stil Staatsanleihen aufzukaufen, wird die Diskussion anheizen, wie den Euro-Pleiteländern anderweitig zu helfen ist. So hat Bundesbankchef Axel Weber kürzlich vorgeschlagen, den EU-Rettungsschirm ausweiten. Bisher stehen maximal 750 Milliarden Euro bereit, um Krisenstaaten beizuspringen. Weber könnte sich vorstellen, diesen Fonds im Notfall um weitere 145 Milliarden Euro aufzustocken. Andere Ökonomen fordern sogar, die Kapazität des Rettungsschirms auf 1,5 Billionen Euro zu verdoppeln.
Doch nicht nur Euro-Staaten wie Portugal oder Spanien haben ein Problem, noch Geld auf den Kapitalmärkten zu bekommen. Auch viele Banken können sich nicht mehr refinanzieren.
Dies gilt besonders für die angeschlagenen irischen Institute, aber auch für die portugiesischen Banken. Sie leihen sich daher das Geld von der EZB. Eigentlich sollten diese Liquiditätshilfen zurückgefahren werden, doch Trichet kündigte jetzt an, dass sie mindestens bis Ende März weiterlaufen.
Wenig überraschend war eine eine weitere EZB-Entscheidung: Der Leitzins bleibt bei niedrigen 1 Prozent, denn eine Inflation ist momentan nirgends in der Euro-Zone zu erkennen.
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