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Zeitungsverband stellt sich neu aufBestenfalls artiger Applaus

Nach Kritik verabschiedet sich Mathias Döpfner als Präsident des Zeitungsverbands BDZV. Ein Präsidialsystem soll es künftig nicht mehr geben.

Mathias Döpfner beim Verbandskongress Foto: Jörg Carstensen/dpa

Der BDZV heißt ja schon seit Längerem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger. Von daher geht das an Uralt-Videospiele erinnernde Space-Invader-Grün, in dem der BDZV-Kongress am Dienstag in Berlin daherkommt, voll in Ordnung. Erster Tagesordnungspunkt ist der Auftritt von Mathias Döpfner. Schwanengesang als BDZV-Präsident, sein Thema ist die Freiheit.

Das passt zum Freigeist Döpfner, der gerne mal provoziert, wenn es ihm als Springer-Chef zu langweilig wird. Mit ironischen Mails, in dem er zum Gebet für den Wahlsieg eines gewissen Donald Trump aufruft, zum Beispiel. Das tut er heute allerdings nicht. Und das Thema Freiheit könnte auch damit zu tun haben, dass es da neuerdings noch diesen anderen Verband gibt, der sich „Medienverband der freien Presse“ nennt und dem BDZV Konkurrenz zu machen versucht.

Döpfner sagt also, dass es „großartig ist, dass wir uns wieder in die Augen schauen können“, was bei der Vorgeschichte allerdings auch ein bisschen ironisch ist. Schließlich tritt Döpfner ab, weil es massive Kritik an seiner Amtsführung und seiner Person gab. Nach ihm wird es keinen Präsidenten mehr geben. Auch keine Präsidentin, der BDZV trifft sich vielmehr inmitten seiner eigenen Häutung.

Döpfner hatte am Ende viele gegen sich aufgebracht, durch seine Treue zum geschassten Bild-Chef Julian Reichelt und durch merkwürdige Botschaften, nach denen Reichelt der letzte aufrechte Journalist sei – O-Ton Döpfner: „Fast alle anderen sind zu Propaganda-Assistenten geworden.“ Aber vor allem auch durch die Unfähigkeit, die Sollbruchstellen im Verband zu entschärfen oder wenigstens zu kitten. „Wichtig ist Geschlossenheit“, sagt Döpfner in seiner Rede am Dienstag: „Wenn wir uns auseinanderdividieren lassen zwischen Tageszeitungen und Zeitschriften, kleinen und großen Verlagen, lokalen und überregionalen Titeln“, sei das kontraproduktiv.

Trump hat sich gemeldet

Und umreißt exakt das Problem, vor dem der BDZV steht. Die Funke-Gruppe, eine der größten Regionalzeitungsgruppen der Republik, die auch Zeitschriften macht, hatte schon vor einiger Zeit demonstrativ den Austritt aus dem Verband geprobt. Zum Jahresende wird dieser wirksam. Seit Jahren ringt der BDZV um eine Neuausrichtung, für die dem Vernehmen nach am Vorabend des öffentlichen Kongressteils entscheidende Weichen gestellt wurden.

Ein Präsidialsystem soll es künftig nicht mehr geben, vielmehr einen Vorstand aus hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitgliedern. Dass das gleich auch noch eine Frau an die Spitze des eher von dunkel-anthrazit gewandeten älteren Männern dominierten Verbandes spült, ist dabei ein wichtiges Signal. Geht alles glatt, wird die erst im April gekommene neue BDZV-Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert diese neue starke Kraft sein, flankiert von zwei Ehrenämtlern. Hier bleibt abzuwarten, ob weiterhin die sich für unverzichtbar haltenden Landesfürsten wie Valdo Lehari jr. vom Südwestdeutschen Verlegerverband zum Zug kommen. Immerhin soll das Votum für die neue Führungskonstruktion im Verband beinahe einstimmig ausgefallen sein.

Döpfner muss das nicht mehr kümmern. In seiner Rede warnte er noch mal vor Fake News und staatlicher Journalismus-Förderung. Die würde „höflich und ganz hilfsbereit beginnen – aber ganz fürchterlich enden“. Ein paar Millionen zur Förderung der Zeitungszustellung gingen dagegen in Ordnung. Natürlich werde er sich, auch wenn er nicht mehr als Präsident zur Verfügung stehe, „weiter für unsere Sache engagieren“, drohte der Springer-Mann. Zwar gab es zum Schluss und als Dank für sechs Präsidentenjahre bestenfalls artigen Applaus. Aber immerhin Donald Trump hatte sich gemeldet. „Thank you to the very brilliant Mathias Döpfner“ hatte der über sein Ersatz­twitter „Truth Socal“ verbreitet: „Good News is – we won big.“

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