: Zeitungen in der DDR
Die DDR-Presselandschaft sah von außen betrachtet beeindruckend vielfältig aus: Täglich erschienen 39 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 8,5 Millionen Exemplaren, dazu kam noch ein Vielfaches an Wochentiteln und Zeitschriften. Sobald man ein solches Blatt aber aufschlug, war’s mit der Vielfalt vorbei: Dann regierte das Zentralkomitee der SED.
Die DDR-Verfassung garantierte zwar formal Pressefreiheit, de facto hatte sich die Presse aber als „kollektiver Propagandist, kollektiver Agitator und kollektiver Organisator“ im leninschen Sinne zu verstehen, wie es in der letzten erschienenen Auflage des „Wörterbuchs der sozialistischen Journalistik“ heißt. Die Prinzipien dieses Journalismus hießen „Parteilichkeit, Wissenschaftlichkeit, Wahrhaftigkeit, Massenverbundenheit“. Die Ausbildung fand zentral an der Sektion Journalistik der Karl-Marx-Universität Leipzig statt.
Tageszeitungen herausgeben durften nur die Parteien und DDR-Massenorganisation wie die FDJ, der Gewerkschaftsbund FDGB oder die Nationale Volksarmee. Dabei waren die Blätter der SED – allen voran ihr Flaggschiff Neues Deutschland – bei der Papierzuteilung, Auflagenhöhe und im Vertrieb bevorzugt. Nur die SED durfte Zeitung auf Ebene der 14 DDR-Bezirke machen („Bezirksorgan“) – und kam inklusive ND und Berliner Zeitung so auf 16 Titel. Die sogenannten „Blockparteien“ hatten nur ihre „Zentralorgane“ mit Sitz in Berlin und Regionalblätter auf Basis der 1952 abgeschafften DDR-Bundesländer.
Über den Einfluss der Stasi bei den SED-Blättern schreibt Ulrich Kluge in seiner Studie „Willfährige Propagandisten“: „Die offiziellen Kontaktpersonen des MfS befanden sich in der Regel in der Verlags- und Redaktionsleitung; konkret: Chefredakteure und ihre Stellvertreter, Parteisekretäre, Kaderleiter sowie das Verlagsdirektorium.“ Die Chefredakteure und leitenden Redakteure standen jedoch als „Nomenklaturkader“ des SED-Zentralkomitees nicht für den Einsatz als IM zur Verfügung.
Die Stasi-Connection sorgt bis heute für Diskussionen – wie zuletzt im Sommer 2008 bei der Berliner Zeitung, als zwei langjährige Redakteure als IM enttarnt wurden. Nur wenige ehemalige DDR-Blätter wie die Märkische Oderzeitung (ex Neuer Tag, Frankfurt an der Oder) haben sich nach der Wende einer gründlichen Überprüfung aller MitarbeiterInnen auf Stasi-Tätigkeit unterzogen. STEFFEN GRIMBERG