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Zeitschrift „Zenith“ über KurdistanEin heikler Wunsch von 35 Millionen

Die aktuelle Ausgabe von „Zenith“ widmet sich der Debatte um einen kurdischen Staat. Das hat sie zum Ziel türkischer Hacker gemacht.

Zehntausende Syrer sind vor dem Bürgerkrieg in den Irak geflohen – die meisten davon sind Kurden. Bild: reuters

Erdöl, Seen und Moscheen, dazu ein paar Kamele, die von links nach rechts durch die Grafik spazieren. Das Titelblatt der aktuellen Ausgabe von Zenith zeigt eine fiktive Landkarte, auf der sich Städte wie Diyarbakir, Qamischli, Erbil und Kermanschah finden. Dazu die Frage: „Ist dieses Land noch zu verhindern?“ Es handelt sich um ein mögliches Kurdistan, das sich über die Grenzen der Länder Türkei, Syrien, Irak und Iran erstrecken würde.

Was auf dem Titelblatt ganz friedlich aussieht, ist in Wirklichkeit eine heikle Angelegenheit – sowohl für die Kurden als auch für die Redakteure, die inzwischen Anzeige erstattet haben. Keine zwei Tage nach der Vorschau erschienen ein paar Herren im Redaktionsbüro, baten „sehr freundlich“, wie Chefredakteur Daniel Gerlach betont, um ein Exemplar und fuhren anschließend in einem Diplomatenwagen davon.

Hacker mit türkischen IP-Adressen griffen die Homepage an und türkische Zeitungen beurteilten die Darstellung als „schockierend“. Wer umblättert, liest seriöse Beiträge zu der berechtigten Frage nach der Zukunft der Kurden.

Immerhin handelt es sich bei den 35 Millionen Menschen um das größte staatenlose Volk im Nahen Osten. Aber wenn Sebahat Tuncel, Abgeordneter des türkischen Parlaments, den Namen des PKK-Gründers Abdullah Öcalan mit einem Ehrentitel kombiniert, fragt Journalist Özgür Uludag gleich kritisch nach. Der Islamkundler Udo Steinbach erwähnt zwar, dass die derzeitigen Grenzen ziemlich willkürlich von Briten und Franzosen gezogen wurden.

Einen kurdischen Staat kann er sich dennoch am ehesten als eine „symbolische Anerkennung der Rechtmäßigkeit des historischen Anspruchs auf eine eigene Identität als Volksgemeinschaft“ vorstellen, ähnlich wie es ein autonomes Westjordanland für die Palästinenser wäre.

Idealisierter Öcalan

Gut, dass die Zeitschrift bisher nicht zu verhindern ist, allein wegen der Fotografien: Flaggen in Schwarz-Weiß, Jungen im Gegenlicht, Frauen in Turnschuhen und mit Kalaschnikow, die ihre Checkpoints gegen die Armee Assads und ihre Rechte gegen die Islamisten verteidigen.

Dass linke Ideologien unter den Kurden weit verbreitet sind, erklärt Zenith in einem Kurzglossar von A bis Z. Das Alphabet beginnt bei Abdullah Öcalan, der zwar selbst kein Kurdisch spricht, den seine Anhänger aber umso mehr idealisieren, seit er in Isolationshaft sitzt. Vom Königreich Kurdistan bis zum Kurdish Supreme Committee letztes Jahr gab es immer wieder Versuche, einen kurdischen Staat zu gründen.

Aber: Im Iran waren die Kurden erst dem Schah und jetzt der Schia-Konfession ausgesetzt – sie sind mehrheitlich sunnitischen Glaubens, für Schiiten ist das ein Problem. Von der Organisation der irakischen Kurden und den Rivalitäten innerhalb der Parteien berichtet der Spitzenfunktionär der Demokratischen Partei, Kurdistan Abdelsalam Berwari, in einem Interview. Und aus einem Artikel über das Tagebuch eines vaterlandstreuen türkischen Offiziers mit sehr sauberem Gewissen erfährt man von dem Krieg der PKK in der Türkei.

Das war’s dann auch schon zum Thema Kurden, ansonsten widmet sich die Zeitschrift der Sicht der Salafisten auf den Arabischen Frühling, den Milizen in Lybien und der Gewalt in Pakistan. Im Wirtschaftsteil geht es etwa um Tee in der Türkei und um ein Big-Data-Frühwarnsystem, mit dem Wissenschaftler Terroranschläge und Umstürze vorhersagen wollen.

Das könnte Erdogan interessieren, schließlich plant er außer dem umstrittenen Einkaufszentrum eine Brücke über den Bosporus, eine Riesenmoschee und den weltgrößten Flughafen. In diesem Punkt sind sich Kurden und viele Türken einig: Beim Widerstand im Gezipark demonstrierten sie gemeinsam gegen die Alleingänge des Präsidenten.

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5 Kommentare

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  • N
    Nur.ein.Mensch

    Die Zeitschrift ist oberflächlich im Kehrsatz der kurdischen Frage, dennoch finde ich es prima das sich TAZ die Mühe macht, und es an­satz­wei­se berichtet.

    Was der Herr DARYL schildert sollte meiner Meinung nach nicht mal der Antwort Wert sein (imperialistisch eingesperrte Ideologie), spricht von Fairness, selbstverständlich nur wenn es um die wirtschaftliche Interesse des Landes geht ,,Bodenschätze", einfach nur dreist!!.

    Sie schreiben von Fairness, Anständigkeit, Ehrenhaftigkeit, Ehrlichkeit, dass alles haben die Kurden in der Türkei niemals bekommen. Vom Sèvres Vetrag bis hin zum Lausanne. Was sollen Sie noch Ihrer Meinung nach tun?

    Die Regierung ermordet und unterdrückt Sie, setzen sich für die Sperrung jene Sender des kurdischen Volkes ein (nicht nur Nachrichten-Sender, sondern auch Musik-Sender wo die Politik keine Rolle mitspielt.)

    Genozide von der türkischen/iranischen/irakischen Regierung wurden durchgeführt, tausende Kinder ohne Elternteile, Verwitwete Frauen, der kontinuierliche Kurdenhass wie man es schon an Ihrer Aussage raus hören kann ,,Wieso sollten Kurden Großreiche eröffnen, anstatt den Reichtum an Bodenschätzen fair mit ihren Nationen zu verteilen“. Verteilen… Sie reden von einer Fusion und einem Superstaat, wissen Sie wie Ihre Autobahnen /(Wirtschaft) aufgebaut sind? Ich kann es Ihnen sagen, die Autobahnen gehen bis hin zum Urfa und kein Stück weiter, wenn das Kurdistan (Kurdisches Gebiet) anfängt, Solidarität nur in dem türkischen Teil, und sie prallen hier so rigoros damit, dass die Kurden nicht fair sind. Fassen Sie sich an Ihre eigene Nase, bevor sie andere kritisieren!

    Man könnte ebenso gut Steinen predigen!

  • D
    daryl

    Warum sollen die Kurden ein Großkurdistan aufmachen dürfen?

    Die Slaven wollen auch nicht unbedingt in einem Riesenreich leben und die Baltenstaaten schließen sich auch zu einem eigenen Superstaat zusammen.

    Die Polen und Tschechen sehnen sich nicht nach den Anschluss an Russland.

    Wieso sollten Kurden Großreiche eröffnen, anstatt den Reichtum an Bodenschätzen fair mit ihren Nationen zu verteilen. Die Kurden sollten keine Repressalien erleiden, aber sie sind eine Ethnie in den jeweiligen multikulturellen Staatsgebilden. Eine Blut-und-Boden-Rhetorik ist nationalistisch! Allerdings

    ist Erdogans hyperautoritärer Führungsstil respektlos gegenüber den Interessen der Menschen. Erdogan müßte direkt die Bedürfnisse kurdischen Normalbevölkerung befriedigen, damit extremistische und separatistische halbstaatliche Institutionen nicht übermächtig werden. Gewaltsame Unterdrückung

    helfen da nicht weiter, sondern

    eine Neuorganisation des Staatsapparates in den betroffenen Gebieten muss her.

    Eine Monopolisierung der Rohstoffe durch eine Ethnie ist

    faschistoides Unrecht!

  • UB
    Un Balanciert

    Wie schön, alle paar Jahre widmet die TAZ dem grössten staatenlosen Volk der Welt gnädigerweise einen Artikel. Musste dafür der wöchentliche Palästinenser-Artikel gestrichen werden?

  • B
    Beriwan

    Die Zeitschrift ist oberflächlich und wird der Komplexität der kurdischen Frage absolut nicht gerecht, aber das ist für die stumpfen Diplomaten der Türkei schon ausreichend, um etwas Krawall zu schlagen. Immerhin können Kurden nur im Irak und jetzt in Syrien ihre normale Lebens- und Alltagskultur haben.

    Das will viel heißen und Deutschland hat dem NATO-Partner Türkei immer die Treue gehalten, egal wie vehement und aggressiv der türkische Staat gegen Kurden vorgegangen ist. Auch davon kein Wort in Zenith.

    Insofern: Besser recherchieren, mehr schreiben und nicht immer den gleichen Text bringen. Und türkischen Geheimdienstlern und Diplomaten ist eh nicht zuhelfen.

  • K
    Keinmessias

    "Der Islamkundler Udo Steinbach erwähnt zwar, dass die derzeitigen Grenzen ziemlich willkürlich von Briten und Franzosen gezogen wurden."

     

    wenn es bei diesen von Briten und Franzosen gezogenen Grenzen geblieben wäre, hätte es auch einen anderen Verlauf der Geschichte gegeben. Auch Putschist und General Mustafa Kemal, später als Gründer der Türkei bekannt geworden, hat seine türkischen Grenzen mit seiner Armee über das Siedlungsgebiet anderer Völker willkürlich gezogen. Alle seine Nachfolgeregierungen unterdrucken bis heute die Völker innerhalb der türkischen Staatsgrenzen. Darum auch dieser nette Besuch!