Zehn Jahre Zonis sind genug!

■ Ein notwendiges Schlusswort zum Thema Begrüßungsgeld

Erinnert sich noch jemand an „Zonen-Gabi im Glück“? – „Meine erste Banane!“ strahlte eine Minipli- und Stonewashed-Existenz und hielt stolz eine Gurke hoch. Zehn Jahre ist das her, die Distanz zu den Zonis, die in die Bundesrepublik einfielen, war groß, und die Witze über sie waren nicht schlecht: Obstzone hieß die DDR jetzt statt Der Doofe Rest, später war von den fünf neuen Meckerecken, den fünf neuen Imbissbuden, den fünf neuen Tränenbottichen die Rede. So ungerecht das teilweise klingen mochte – es war alles wahr. Säcke voller falscher Apostrophe wurden ausgekippt, „Halli's Schlemmerhüttchen“ entstand an jeder Ecke und stank vor sich hin. Sie nannten es Oufbruch.

Spätestens nachdem man die Zonis in natura erlebt hatte, hätte man die ohnehin unappetitliche Idee der Wiedervereinigung fallen lassen und rückgängig machen müssen. Weil sich das niemand traute, kam es zu den bekannten Vorgängen. Man hat die Zonis am Hals, mal schlapp und jämmerlich, mal kahl geschoren und lebensgefährlich. Und das Unangenehmste ist: Obwohl sie es sind, die Unheil anrichten, sind immer die anderen schuld.

Der ehemalige CDU-Regierungssprecher Hauser hatte nicht nur mit seiner Verehrung für die Speisekarte von Vincent Klink recht, sondern auch mit seiner Einschätzung der Zonis: Wenn sie weiter PDS wählen wollten, meinte Hauser, könnten sie das gerne tun – allerdings werde man ihnen dann die Subventionen streichen. Groß war das Geschrei, das auf Hausers lustigen Vorschlag folgte, und die Berufszonis heulten verbissen, die PDS sei doch eine demokratische Partei. Stimmt: Die PDS ist genauso demokratisch wie die CSU oder der grüne Fischer-Wahlclub – eine Partei ist sie nicht. Sondern ein Heimatverein für frustrierte Zonis. Die paar Handvoll schlechter Kabarettisten und ausgemusterter Grüner aus dem Westen, die sich nicht minder frustriert der PDS anschließen, bestätigen das nur.

Die unentspannte, pampige Reaktion auf Hausers Luftballon zeigte, wie Recht der Mann hatte. Die Zonis wollen mehrheitlich nur eins: versorgt werden. Jeden Tag Begrüßungsgeld. Das ist zwar demütigend, aber diese narzisstische Kränkung projizieren die Zonis auf den Westdeutschen zurück und verzeihen sie ihm nicht. So heimtürkisch ist der Zoni: Unwürdig betteln und den, der ihm gibt, dafür hassen – eine Brut, die bis ins hohe Erwachsenenalter an den Rockzipfeln von Mama Staat hängt. Dafür nehmen die Zonis die Beschneidung oder Streichung ihrer Persönlichkeitsrechte gerne in Kauf. Eine gemäßigte, kuschelige Diktatur, das ist ihr Traum: Sozialismus mit Anfassen. Dass die Zumutung dabei weniger im Sozialismus als vielmehr im dauernden Anfassen liegt, können sie nicht begreifen. Sie lieben es, wenn alle dasselbe tun, am liebsten nackt. An Schafsnasigkeit, an ostentativ vor sich her getragener Naivität, an fadenscheinigem Winnetou-Gehabe erkennt man die Zonis.

Sagt oder zeigt man ihnen das und geht auf Distanz, sind sie beleidigt. Man will sie nicht – gut, sie können auch anders. Ihr Nachwuchs hat genau begriffen, was die Alten wollen. Im Kollektiv, in der Brigade zieht der Jungzoni los und dreht die zivilisatorischen Standards ein halbes Jahrhundert zurück. Ausländer, bevorzugt solche mit schwarzer, brauner oder gelber Haut, bezahlen mit ihrem Leben dafür, dass eine Minderheit von Zonis das tut, was die Mehrheit von ihnen denkt.

Tätiges Mitgefühl mit den Opfern gibt es ebensowenig wie eine energische Verfolgung der Täter, denn die eigentlichen Opfer sind ja die Zonis. In dieser Opferrolle rückwärts rollen sie einem vor den Füßen herum, und statt sie mit ein paar gezielten Tritten davonzujagen, geht man ihnen nur vornehm aus dem Weg. Das ist verständlich, aber ein Fehler. Entweder hat man die Zonis unter der Knute, oder man hat sie am Hals. Anders können und wollen diese deutscheren Deutschen nicht leben. Sollen sie es in Gottes Namen tun, aber bitte da, wo man nichts mit ihnen zu tun haben muss. Da sie einem jedoch nicht selbsttätig von der Pelle gehen werden, muss vielleicht eine finale Demütigung helfen. Zum zehnten Jahrestag der Zonenöffnung mit großen Lastwagen voller Geld in die Zone fahren und jedem 100 Mark geben: Verabschiedungsgeld. Wiglaf Droste

In der Tageszeitung „Junge Welt“, für die er geschrieben war, konnte dieser Text nicht erscheinen. Die Chefredaktion verbot ihn aus dem Blatt. Argumentfreie autoritäre Maßnahmen häuften sich in den letzten Monaten derartig, dass einige bisherige Autoren und Kolumnisten die weitere Entwicklung der „Jungen Welt“ nicht länger stören wollen. Claudia Aldenhoven, Klaus Bittermann, Franz Dobler, Wiglaf Droste, Gerald Fricke, Michael Rudolf und Frank Schäfer schreiben nicht mehr für die „Junge Welt“, Mathias Wedel wird seine „Schlachtenbummler“-Kolumne nicht fortsetzen.

Hinweis:Die PDS ist genauso demokratisch wie die CSU oder der grüne Fischer-Wahlclub – eine Partei ist sie nicht