■ Zehlendorf gegen Rollheimer: Nicht zumutbar
Das Leben in Zehlendorf muß unerträglich sein. Wenn die Wagenburg vom Potsdamer Platz vorübergehend nach Dreilinden rollt, wähnt sich Bezirksbürgermeister Ulrich Menzel von „Asozialen“ umzingelt. Schon unter seinen 146 Asylbewerbern, die der Bürgermeister „Asylanten“ nennt, stöhnt der Bezirk. Spandau und Neukölln müssen zwar zehnmal so viele unterbringen – aber dort wohnt ja eh nur der Pöbel. Im „grünen Bezirk“ dagegen, der zu 55 Prozent aus Wald, Seen und Parkanlagen besteht und das höchste durchschnittliche Haushaltseinkommen aufweist, ist so etwas nicht zumutbar. Dort erscheinen auch die 1.475 Kriegsflüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien als unerträgliche Belastung, obwohl der etwa gleich große Bezirk Mitte 500 Flüchtlinge mehr beherbergt. Kein Wunder, daß gegen den „betroffenen Personenkreis“ (Menzel) Bauprojekte ins Feld geführt werden, die noch kaum das Planungsstadium erreicht haben. Solche Leute eignen sich womöglich nicht nur Land „widerrechtlich“ an, schwant den Zehlendorfern. Wenn die lieben Kleinen auf dem Schulweg eines Rollheimer-Dorfes gewahr werden, könnten sie Schaden fürs Leben nehmen, fürchten besorgte Eltern. Das wollen natürlich auch die Rollheimer nicht. Sie finden das Leben in der Innenstadt prickelnder als bei Menzel und seinesgleichen. Ralph Bollmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen