Zahl der Senatoren: Wowereit soll entlastet werden
Anscheinend lässt der Haushalt wieder mehr Senatsposten zu. Nur zu. Berlin braucht vor allem wieder einen eigenständigen Kultursenator. Kommentar
Die SPD möchte die Zahl der Senatoren in Berlin wieder erhöhen. "Wir überlegen derzeit, die jetzt in der Verfassung festgeschriebene Höchstzahl von neun Senatsmitgliedern wieder auf bis zu zehn oder elf zu erhöhen. Es müssen dann nicht immer mehr Regierungsmitglieder sein, aber es können", sagte der Berliner SPD- Landes- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller am Wochenende. Müller erklärte, so "könnten je nach Bedarf besser Schwerpunkte gebildet werden, wie zum Beispiel mit einem eigenständigen Arbeits- oder Kulturressort". Für die Änderung der Verfassung ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig, sodass die rot-rote Koalition auf die Zustimmung der CDU-Fraktion angewiesen ist. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Frank Henkel sagte, seine Fraktion sei für Gespräche über eine Erhöhung der Senatorenzahl "sehr offen". Für eine moderate Erhöhung sprechen sich auch die Grünen aus. Die FDP ist dagegen strikt gegen eine Ausweitung. Die Linke befindet sich noch im Meinungsbildungsprozess. DPA
Ausgerechnet aus den Reihen der SPD: Nach der wieder gewonnenen Wahl 2006 hatte es der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) noch als fortschrittlich verkauft, dass er sich das Amt des Kultursenators einverleibt und die kulturellen Angelegenheiten dieser Stadt zur Chefsache macht. Nun schlägt Wowereits Parteifreund und Fraktionschef Michael Müller vor, die Zahl der Senatoren wieder aufzustocken. Ist hinter diesem Vorstoß etwa die versteckte Kritik an Wowereits Doppelbelastung heraus zu hören? Wohl kaum. Dazu ist Müller dem Regierenden zu treu ergeben. Dabei wäre diese Kritik durchaus berechtigt.
In den zwei Jahren, in denen Wowereit neben seinem Posten als Regierungschef auch für die Kultur federführend verantwortlich ist, ist die Kulturpolitik zwar nicht völlig den Bach hinunter gegangen. Doch für bahnbrechend neue Impulse hat er seitdem auch nicht gesorgt.
So glänzt der Regierende Bürgermeister kulturpolitisch vor allem dann, wenn es um publikumswirksame Prestigeprojekte wie die geplante Kunsthalle am Hamburger Bahnhof oder die temporäre Halle am Schlossplatz geht. Geht es jedoch um weniger aufregende aber mindestens genau so wichtige Initiativen wie die "Offensive Kulturelle Bildung", bei denen die Förderung des Nachwuchses im Vordergrund steht, lässt sich der Regierende seltener blicken.
Natürlich kann Wowereit nicht an mehreren Stellen gleichzeitig sein. Und die Einverleibung des Kultursenators vor zwei Jahren hatte sicher auch mit der angespannten Haushaltslage zu tun. Aber dann hätte er das damals genau so benennen sollen.
Anscheinend lässt der Haushalt wieder mehr Senatsposten zu. Auch für Kultur? Nur zu. Wowereit braucht Entlastung.
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