ZYPERNGESPRÄCHE LASSEN EISZEIT ZWISCHEN EU UND TÜRKEI BEFÜRCHTEN: Der europäische Albtraum
Es hätte eine einmalige Chance sein können: Europa bietet Zypern die EU-Mitgliedschaft an und zwingt so griechische und türkische Zyprioten zu Verhandlungen über eine Überwindung der Teilung. Ein gemeinsames europäisches Dach böte Griechen wie Türken auf der Insel Garantien des friedlichen Zusammenlebens. Die Türkei würde mit der Beendigung des Streits näher an Brüssel rücken, Ankara und Athen könnten ein neues Kapitel ihrer Beziehungen aufschlagen.
Doch aus der Chance wird ein europäischer Albtraum. Nichts spricht dafür, dass die Zyperngespräche noch zu positiven Ergebnissen kommen. Die Türkei und die nationalistische Führung der türkischen Zyprioten schließen eine gemeinsame Perspektive mit den Zyperngriechen als Option für die Zukunft aus und beharren auf der Trennung in zwei Staaten. Die griechischen Zyprioten lehnen das ab: Der unsichere Status quo ist ihnen lieber als eine Legalisierung der Teilung. Doch bleibt nicht alles beim Alten – es wird schlimmer werden.
Die verarmten türkischen Zyprioten bleiben ohne Perspektive. Die reicheren griechischen Zyprioten werden voraussichtlich im Jahre 2004 Mitglied der Europäischen Union. Das wird die Türkei, der seit Jahrzehnten ein Beitritt verwehrt wird, nicht einfach hinnehmen. Nordzypern und Ankara werden enger zusammenrücken. Alle Hoffnungen auf die Wiedervereinigung Zyperns schwinden – die Zyperngriechen zahlen für ihre EU-Mitgliedschaft einen hohen Preis. Das geht nicht nur die Bewohner der Insel etwas an.
Europa droht eine Eiszeit der Beziehungen mit der Türkei. Denn nach dem Völkerrecht, diversen Resolutionen der UN und des Europarats hält Ankara dann mit Nordzypern einen Teil des Gebiets der Europäischen Union besetzt. Die EU-Mitglieder Griechenland und Zypern werden dafür sorgen, dass dieser Fakt nicht vergessen wird. Ankara wird solche Hinweise nicht als Ermutigung für eine veränderte Politik betrachten, sondern als Zurückweisung der reichen Europäer. Eine Beitrittsperspektive für die Türkei wäre damit langfristig verbaut.
KLAUS HILLENBRAND
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