ZYNISCH: ENTSCHÄDIGUNG FÜR ZWANGSARBEITER WIRD WEITER VERZÖGERT: Rechtssicherheit für Opfer
Eines ist gewiss: Wenn es nach den Unternehmen ginge, würden noch zehntausende ehemaliger Zwangsarbeiter ihre Entschädigung nicht mehr erleben. Allein seitdem sich die Regierung und die Stiftungsinitiative der Wirtschaft vor anderthalb Jahren auf diese Zahlungen einigten, sind bald 100.000 Menschen gestorben, die Anspruch darauf hatten. Und obwohl die letzte Zwangsarbeiter-Sammelklage gegen deutsche Unternehmen in den USA nun abgewiesen wurde und damit die geforderte „Rechtssicherheit“ gegeben ist, wollen sie noch immer nicht zahlen. Für diese unwürdige Taktik ist Skandal ein zu gelindes Wort.
Aber was heißt überhaupt Entschädigung? Deportierte und verschleppte Menschen würden ganze 5.000 Mark erhalten, KZ- und Sklavenarbeiter sowie Opfer rassischer Verfolgung 15.000 Mark. Diese Beträge sind höchst bescheiden gemessen an der historischen Schuld – und dürften doch manchem der Opfer, das von kärglicher Rente lebt, sehr gelegen kommen. Je eher, desto besser.
Entscheidend ist also: Die Entschädigungen müssen so schnell wie möglich ausgezahlt werden. Der Bundestag muss seine Verantwortung wahrnehmen und die „Rechtssicherheit“ feststellen, denn damit garantiert er den Unternehmen, dass sie nur einmal Entschädigungen zahlen – und zwar jetzt via Stiftungsinitiative. Nur so können die Unternehmen endlich zum Zahlen gezwungen, und nur so kann der Apparat zur Auszahlung in Gang gesetzt werden. Dazu müssen Organisationen in mehreren Ländern die Anträge der Opfer sammeln, aufwändig prüfen und die Ansprüche dann gegenüber der Stiftungsinitiative nachweisen. Wie lange diese Prozedur dauern wird, ist völlig unklar. Auch hier gilt: Je eher, desto besser.
Wer heute noch auf die Abweisung eines Teils der 19 weiteren Einzelklagen in den USA warten will, wie der Sprecher der Stiftungsinitiative Wolfgang Gibowski, verhöhnt dreist die Opfer. Zudem verdeckt das Lamento über die „Rechtsicherheit“ der Unternehmen, worum es wirklich geht: die „Rechtssicherheit“ der Opfer. Ihnen hatte Kanzler Schröder im Februar 1999 versprochen „schnell und unbürokratisch“ zu helfen. Darauf warten die Überlebenden noch immer. DANIEL HAUFLER
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