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Xaver sei Dank„Die Kinder hat es gefreut“

Eltern kritisieren, dass die Entscheidung der Schulbehörde für schulfrei am Donnerstag zu spät kam. Am Freitag blieben die meisten zu Hause. Für berufstätige Eltern war die Wetterlage eine Herausforderung.

Landunter bis Unterkante Laterrne: der Hamburger Fischmarkt Bild: dpa

HAMBURG taz | Schule, das ist auch der Ort wo Kinder sicher aufbewahrt sind, während Mutter und Vater ihrer Arbeit nachgehen. Orkantief „Xaver“ hat diese Gewissheit ins Wanken gebracht. Ein Vater, der seine sechsjährige Tochter am Donnerstag zur Grundschule brachte, berichtet, die Lehrer seien überrascht gewesen, dass er überhaupt kam. Und wenn er schon seine Tochter dort lasse, solle er sie spätestens um 14 Uhr abholen. Schließlich müsse auch der Lehrer noch vor Ausbruch des Sturms sicher nach Hause.

Wie sich verhalten, angesichts der Katastrophenwarnungen der Medien? In der Schulbehörde liefen am Mittwoch die Telefone heiß. Gegen Mittag gab man eine Sowohl-als-auch-Pressemeldung heraus: Es sei noch nicht möglich, die Schwere des Unwetters zu bestimmen. Nach Einschätzung des Wetterdienstes kämen in der Nacht zu Freitag starke Böen. „Wir stellen uns zunächst darauf ein, dass Schule regulär stattfinden wird.“

Es könne aber sein, dass es am Donnerstag eine Anweisung gebe, die Kinder nach Hause gehen zu lassen. An Grundschulen müsse dabei „eine Abholung durch die Eltern gewährleistet sein“. Könnten Kinder nicht abgeholt werden, gebe es Betreuung in „Notfallgruppen“. Ob dann am Freitag die Schule stattfinde, werde in der Nacht davor entschieden. Eltern sollten die „Informationswege“ im Blick halten. Sie hätten in Gefährdungssituationen „immer das Recht, ihre Kinder präventiv nicht zur Schule zu schicken“.

Am Donnerstagvormittag dann wandelte sich die Lage. Die CDU-Schulpolitikerin Karen Prien, Mutter von drei Kindern, berichtet, sie habe um zehn Uhr gehört, dass ihr mittlerer Sohn nach Hause könne. Um elf Uhr habe sie dann erfahren, dass an der Grundschule ihres 8-jährigen Sohnes der Unterricht beendet ist. „Es hieß, die Kinder können nur von den Eltern abgeholt werden.“ Ginge dies nicht, gebe es eine Notfalllösung. Um 12.45 Uhr dann beendete das Gymnasium ihres 14-jährigen Sohnes die Schule. „Als berufstätige Mutter drehen sie da am Rad.“

„Die Informationspolitik der Behörde hat für viel Verwirrung gesorgt“, sagt auch der Elternkammervorsitzende Gerrit Petrich. Die Vorstellung, dass berufstätige Eltern ihre Kinder spontan am Vormittag abholen könnten, sei „praxisfern“. Auch hätten die Schulsekretariate viel Arbeit gehabt zu klären, ob jedes Kind abgeholt wird oder nicht.

Aus Sicht von Behördensprecher Peter Albrecht lag hier ein Missverständnis vor. „Wir haben am Donnerstagvormittag den Schulen gesagt, dass die Kinder jederzeit abgeholt werden können.“ Leider hätten einzelne Schulen die Eltern angerufen und gesagt, dass sie abgeholt werden müssen. Dies sei aber gar nicht intendiert gewesen. „Wir haben als Schulbehörde einen Betreuungsauftrag und nehmen den sehr ernst.“

In der Tat steht in der entsprechenden Pressemeldung von 10.23 Uhr das Wort „können“. Die Überschrift lautete aber „Achtung! Nach Auskunft der Behörde für Inneres/Deutschen Wetterdienst beginnen die orkanartigen Böen ab 11 Uhr!!“. Und in einem parallel an die Schulen geschickten Brief heißt es, dass eine „Abholung durch die Eltern gesichert sein muss“.

Dies sei so zu verstehen, dass die Kinder auch nach Schulschluss um 13 Uhr nicht allein gehen dürfen, sagt Elternsprecher Petrich. Die Sekretariate hätten also die Eltern anrufen müssen.

Die Elternkammer habe bei der Behörde darauf gedrungen, noch am Donnerstag die Entscheidung für den Folgetag bekanntzugeben, damit Familien besser planen können. Die Wetterprognose und der Druck der Medien führten schließlich dazu, dass die Behörde doch schon am Nachmittag den Schulausfall für den Folgetag bekannt gab, wobei wieder „Notfallbetreuung“ angeboten werden sollte.

So sei es doch für alle besser, findet Petrich. Seine Kinder haben bei Freunden übernachtet und sich „gefreut, nicht zur Schule zu müssen“.

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