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Archiv-Artikel

das wichtigste Wut macht taub

Erregte Muslime überhören Aufrufe zur Mäßigung von UN, EU, Islamischer Konferenz und Intellektuellen

BERLIN afp/dpa/taz ■ Versöhnungsappelle im Streit um die Mohammed-Karikaturen sind gestern weitgehend unbeachtet geblieben. UN, EU und die Organisation der Islamischen Konferenz OIC riefen gemeinsam zur „Ruhe und Besonnenheit“ auf. „Wir sind zutiefst alarmiert von den Auswirkungen der Veröffentlichung der beleidigenden Karikaturen“, heißt es im von UN-Generalsekretär Kofi Annan, dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana und dem OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu unterzeichneten Schreiben. Auch US-Präsident Georg Bush rief die Regierungen der Welt auf, die wegen der Karikaturen entbrannte Gewalt zu beenden.

Zur „Verteidigung der Aufklärung“ haben arabische Intellektuelle aus mehreren Staaten aufgerufen. Auf Initiative von Professoren der Amerikanischen Uni Beirut warnen sie angesichts einer „hochgradig polarisierten Welt“ vor den katastrophalen Folgen, sollte der Konflikt weiter eskalieren.

Dennoch gingen die Proteste weiter. So zog die internationale Beobachtermission in Hebron TIPH gestern ihre Mitarbeiter ab, nachdem hunderte Steine werfende Palästinenser das Büro angegriffen hatten. In Teheran griffen Demonstranten die britische Botschaft mit Steinen an. Die Polizei konnte die Lage aber kontrollieren. Im pakistanischen Lahore randalierten rund 3.000 Demonstranten wegen angeblicher Koranschändung. Sie setzten zwei Kinos in Brand. Nachts demolierten wütende Muslime Autos. Im Jemen schlossen die Behörden gestern wegen „Beleidigung des Glaubens“ die Wochenzeitungen Yemen Observer und Al-Rai al-Aam. Gegen deren Chefredakteure werden Strafverfahren eingeleitet.