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Wunderbare junge Menschen –Betr.: „Vereinnahmungs-Angst“, taz bremen vom 25. Mai 1999

Als friedensbewegte ältere Durchschnittsbürgerin habe ich an dem Sonntag an der Demonstration gegen den Nazi-Aufmarsch in Bremen-Blumenthal teilgenommen. Es war eher das rasche Tempo der Demo, daß mich in den hinteren Teil der Demo verschlug, als die wunderbaren jungen Menschen, die den Rechten nicht das Feld überlassen wollten. Nicht die jungen Antifa-Leute irritieren mich, sondern die unzureichende Präsenz von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen. Wie kleinkariert und ideologisch borniert ist unsere Gesellschaft inzwischen wieder, wenn es vor allem ideologische Barrieren sind, hinter denen sich die demokratischen Institutionen verstecken.

Auch wenn zur Zeit Wahlkampf in Bremen herrscht, das Thema Rechtsradikalismus ist zu ernst, als daß sich politisch denkende und handelnde Menschen hinter taktischem Kalkül verstecken sollten. Es stimmt mich nachdenklich, wenn gesellschaftskritisches Engagement nicht mehr über den eigenen Tellerrand hinauszublicken vermag.

„Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder ...!“ Das Lied von Degenhardt ist scheinbar noch immer ungebrochen aktuell. Meine Erwartung an die demokratischen Gruppen der Gesellschaft: In einen konstruktiven Dialog mit der Jugend einzutreten und durch das eigene Handeln vorzuleben, daß Randale nicht angesagt ist. Dies ist nicht nur eine wunderbare Möglichkeit, eigene Vorurteile und Ängste abzubauen, sondern das Thema aus der sogenannten „linken“ Ecke in die Mitte der Gesellschaft zu transportieren.

Mir drängt sich die Frage auf, ob vielleicht die politischen Institutionen ihre „rechtslastigen“ Wähler nicht verschrecken wollen? Wenn dem so ist, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn Rechtsradikalismus zunehmend salonfähig wird. Elsbeth Rütten

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