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■ KommentarWrocklegalisiert

„Fordern, was ich wirklich möchte, nicht erst auf Erlaubnis warten“ – das ist eine der „fünf Freiheiten“ von Virginia Satir, die Innensenator Hartmuth Wrocklage, von eigener Hand geschrieben, sich als Leitsätze an seine Bürowand gepinnt hat (kein Scherz). Aber in diesem Fall hätte er wohl doch fragen sollen. Zum Beispiel, ob seine Forderung nach einem sauberen St. Georg und seine Methoden dem Gesetz entsprechen.

Daß Wrocklage sein drogenpolitisch absurdes und rechtlich höchst fragwürdiges Betreten-Verboten-Konzept nachträglich absichert, ist schon gewagt genug (Satir: „Risiken eingehen, ohne sich immer erst abzusichern“). Doch daß er den Amtsrichtern Inkompetenz bescheinigt und gleichzeitig den Verwaltungsrichtern Willfährigkeit gegenüber seiner Politik attestiert, dürften beide Gruppen mit Recht als unzulässig begreifen.

Konsequenzen hätten die wrocklegalisierten Polizeimethoden allerdings nicht nur für die ungeliebte Drogenszene. Wenn künftig Grundrechte eingeschränkt werden können, weil eine Straftat „zu erwarten“ ist, gibt Wrocklage „seinen“ vom Polizeiskandal angeschlagenen Ordnungshütern einen Freibrief in die Hand. Warum nicht auch autonomen AktivistInnen wegen „Wiederholungsgefahr“ des Widerwortegebens, Hausbesetzens oder Steinewerfens einfach ein Aufenthaltsverbot erteilen? Der Staat muß schließlich vor dem Individuum geschützt werden.

Je länger der ehemals als liberal geltende Wrocklage im Amt ist, desto heftiger glaubt der Hackmann-Erbe seinem Apparat beweisen zu müssen, daß auch er im Herzen ein Hardliner ist. Wegen Wiederholungsgefahr muß deshalb gefordert werden: Platzverweis für Wrocklage rund um die Innenbehörde.

Silke Mertins

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