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KommentarWollen wirStammheim?

■ Vor Verrückten gibt es keinen Schutz

Eine grausige Vorstellung: Da kann jemand ungehindert mit einer Pistole in ein Gerichtsgebäude spazieren und einem Menschen eine Kugel in den Kopf schießen. Natürlich werden jetzt Fragen gestellt: Hätte die Justizverwaltung nicht ahnen können, daß es zu Gewalt kommen könnte? Kontrolliert denn da überhaupt niemand? Wer schützt die Menschen vor Gericht?

Diese Fragen werden in einer gewissen Regelmäßigkeit gestellt, zum letztenmal im vergangenen Jahr, als ein durchgedrehter Angeklagter auf einen Bremer Staatsanwalt feuerte. Und sie sind nicht alleine auf die Justiz beschränkt. Wir erinnern uns an die Attentate auf Oskar Lafontaine, auf Wolfgang Schäuble. Und genauso regelmäßig ernten die FragerInnen ein hilfloses Schulterzucken.

Daran wird sich auch nach dem Mordversuch gestern kaum etwas ändern – aus gutem Grund. Das mag zynisch klingen, aber was sind die Alternativen? Wollen wir Stammheim? Wollen wir Leibesvisitationen, Horden von AufpasserInnen, Kontrolle überall? Was ist uns die Freiheit wert? Und kann es überhaupt hundertprozentige Sicherheit geben? Kann es nicht. Vor Verrückten gibt es keinen Schutz. Eine traurige, eine bittere Erkenntnis, aber eine, die man akzeptieren muß. Der Ruf nach noch mehr Überwachung ist verständlich, aber sinnlos. So tragisch die Fälle auch sein mögen. Jochen Grabler

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