Wohnen: Bauwagen-Odyssee geht weiter
Weil der Bezirk Mitte Druck machte, zog das Bauwagen-Projekt Zomia in den Hafen. Dort wollte sie die Port-Authority räumen lassen, doch ein CDU-Politiker intervenierte.
Die Bewohner der Bauwagen-Gruppe "Zomia", die am Wochenende eine Wiese in Wilhelmsburg besetzt hatten, kommen nicht zur Ruhe. Mittwochabend mussten sie ihr provisorisches Quartier beim Projekt "Kunstnomaden" an der Veringstraße verlassen und zogen in eine Sackgasse am Hafen. Eine Räumung von dort wurde Donnerstagmittag auf Vermittlung eines CDU-Politikers verhindert. Doch auch dort sind sie von der zuständigen Hamburg Port Authority (HPA) nur kurz geduldet.
Dass die sechs Wagen am Rand der Straße Alte Schleuse zwischen wartenden Lastwagen stören, ist kaum vorstellbar. Die Straße liegt so weit ab, dass viele der gegen Mittag über Rundruf mobilisierten Unterstützer den Weg kaum fanden. Die Bewohner waren morgens um 10 Uhr von der Polizei geweckt worden mit der Auskunft, es würde um 13 Uhr geräumt. Als gegen 13 Uhr 30 die Lokalpresse kam, zog die Polizei schon wieder ab. Jörn Frommann, der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, hat vor Ort mit HPA-Mitarbeitern gesprochen und "ein paar Tage gewonnen".
Erst am Mittwoch hatte es im Rathaus ein Gespräch mit GAL und CDU gegeben, nachdem die Zomia-Aktivisten optimistisch waren. "Wir waren uns einig, wir brauchen erst mal für drei Monate ein Quartier für den Winter", sagt Bewohner Robert Wartmann. Doch ebenfalls Mittwoch erhielt die Kunstnomaden-Künstlerin Kathrin Milan, die Zomia seit Sonnabend Unterschlupf gewährte, ein Schreiben des Bezirks Mitte. Man habe Frau Milan erklärt, dass sie nur ein Sondernutzungsrecht für das Grundstück habe und dieses "gefährdet" sei, berichtet Sprecher Lars Schmidt. Sie habe das Grundstück wieder "so herzustellen, wie es war".
Der Brief zeigte Wirkung. "Wir wollten nicht groß Probleme machen und sind hierher in den hintersten Winkel von Wilhelmsburg gezogen", berichtet Wartmann. Der 23-Jährige studiert in Hamburg und fand keine Wohnung. Drei Monate habe er beim Freund auf der Couch geschlafen, danach war er ein Jahr von Lüneburg aus gependelt, bevor er einen Kleinbus zum Wohnen umbaute. "Wir wollen das Bauwagenproblem sichtbar machen", sagt der angehende Pädagoge. Es gebe 50 bis 100 Leute in Hamburg, die "auf der Straße sind".
"Man kann die Leute nicht durch die Stadt jagen", sagt Jörn Frommann. Es sei anderserseits keine Art, sich hinzustellen und zu sagen: Löst mal unser Problem. Frommann ist zusammen mit GAL-Politikerin Antje Möller um eine Lösung bemüht, die er aber nicht Bauwagenplatz nennen würde. "Denkbar wäre ein Wohnprojekt. Sechs Bauwagen, ein Feuer in der Mitte, sanitäre Anlagen und ein Kleingarten."
Die Frage ist nur, wo dies geschehen könnte. Der Bezirk Mitte habe keinen Platz und auch andere Bezirke hätte dies "verneint", berichtet Lars Schmidt. Sei es politisch gewollt, müsse die Behörde für Umwelt und Stadtentwicklung (BSU) eine Fläche bestimmen. Man sei "eher im Hintergrund beteiligt", entgegnet BSU-Sprecher Enno Isermann. "Federführend" müssten die Bezirke eine Fläche anbieten. Laut Wartmann hat auch Zomia gesucht und "sieben Plätze gefunden".
Leser*innenkommentare
Christian Relling
Gast
Warum hat die Stadt nur solche Angst vor Bauwagenplaetzen? Ist es einfach nur weil die spiessigen Politker/innen sich nicht vorstellen können ohne Zentralheizung und Whirlpool leben zu können? Ist von einem einzigen Platz jemals eine Gefahr fuer die "öffentliche Ordnung" ausgegangen? NEIN! Ganz im Gegenteil, jeder Wagenplatz kann ein Hort der Kreativität sein und zeigt vor allem jüngeren Menschen, das ein Leben neben der Norm möglich und gut ist.
Fuer mehr Bauwagenplaetze!!