: Wohllaut mit Feinpolitur
■ “Friedemann's Aquamarin—Orchester“ im Schlachthof: Schönklang satt
Zum ersten Mal war Friedemann in Bremen, und die Kesselhalle des Schlachthofs war gut gefüllt. Zum Teil lag das sicher an dem Hifi-Großverkäufer, der das Konzert gesponsort und Karten verteilt hat und dafür etwas zu penetrant in Friedemann's Ansagen auftauchte; aber der badische Gitarrist und Schönklängler hat sich mit seinen harmonisch sanften, hochpolierten Platten auch hier schon eine beachtliche Fangemeinde erspielt.
Seine Musik entsteht im Studio und wird erst nachträglich für die Livepräsentation geprobt und umarrangiert. Das merkt man dem Konzert an: Friedemann trat mit denselben sechs Musikern auf, die ihn auf seiner Platte „Aquamarin“ begleiteten, aber während dort Instrumentierung und Arrangements genau kalkuliert waren, bekamen die Mitspieler auf der Bühne viel mehr Freiraum. Zum Teil fransten die Stücke so leider aus: Die schönen, kleinen Ideen, die auf der Platte für vier Minuten so angenehm klingen, wurden auf der Bühne zu langen, mit ausgedehnten Soli gespickten Werken, und unter diesem Gewicht verloren einige Stücke ihre Leichtigkeit und ihren Charme. Durch die Soli entstand zudem eine ganz andere Athmospäre: die Musiker, die vom Jazz kommen, spielten sich schnell in den Vordergrund. Der Saxophonist Gebhard Ullmann blies alle anderen an die Wand, und die Percussionisten Christian Dähn und Ulrich Moritz bekamen Platz für mehrere äußerst publikumswirksame Klötervirtuositäten. Der Keyboarder Johannes Wohlleben, ein Studiotüftler, der auch viele der Stücke mitkomponiert und arrangiert hatte) klimperte dagegen scheu und kraftlos herum.
Friedemann Witecka selber bediente sehr sauber und melodiös die klassische Gitarre, die E-Gitarre und den Gitarrensynthesizer. Wenn er spielte, oder wenn seine ausgefeilten Arrangements streng vom Blatt abgespielt wurden, hatte das Konzert all die Qualitäten, die die Platten so erfolgreich machen. Aber er hielt sich sehr zurück, und so wurde der Auftritt eine uneinheitliche Mischung aus schönem Klang, Jazz und beliebigem Leerlauf.
Willy Taub
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