Wohlfeile Übung in Menschenverachtung

■ Der trinkende, singende Reisende Wiglaf Droste singt, trinkt und reist mit den Dziuks in die Kammerspiele, um Bundeswehr, Demokratie und Gegenkultur zu beschießen

Der Droste reist gern. Er liest gern vor. Und manchmal singt er auch. Nicht gut, aber er singt. Irische Volkslieder, zu denen man sich schön betrinken kann. Damit einher geht die Apotheose des Van Morrison, eines Schutzpatrons der Trinker. Begleitet wird Wiglaf Droste neuerdings häufig von dem Deutschrock-Gitarristen Stefan Stoppok oder Danni Dziuks Band – das ist dann fast eine Performance, die bereits auf CD dokumentiert ist. „Warum heißen plötzlich alle Oliver?“fragt Oliver Droste. Singt es.

Drostes Lesungen sind eher strenge Veranstaltungen, bei denen sich der Vorträger penibel um Sound und Artikulation bemüht. Daß man das eigenhändig Verfaßte auch noch eigenmündig vorliest, mag als etwas eitle Angewohnheit gelten. Doch Droste schreibt gezielt auf den Effekt, darin Heinz Rudolf Kunze nicht unähnlich. Doggenhaft krümmt sich der Schriftsteller hinter einem Tisch, die Augen quellen, der Blick stiert. Und aus dem Mund kommen Erinnerungen an die Hölle der 70er Jahre samt „Köln Concert“von Keith Jarrett und Flokati-Teppich von Petting. Oder Beschwerden über die nachlässige Bekleidung von Neil-Young-Fans in der Berliner Waldbühne – eine wohlfeile Übung in Menschenverachtung. Trägt Wiglaf nicht eigentlich eine alte Lederjacke?

In der taz hält sich Droste jetzt ein wenig zurück. Bloß kürzlich gab es einen spektakulären Zwischenruf zur Bundeswehr-Anzeigenkampagne; eine gemeinsam mit Küppersbusch geschaltete Jux-Gegenanzeige schaffte es sogar auf die Medien-Seiten der Tageszeitungen. Satire hat Wiglaf Droste nie gemacht, dazu ist er zu zornig. Den Trotzkopf freut es, wenn Feministinnen mit Stinkbomben seine Auftritte stürmen – er provoziert so gern. Weshalb wir in Droste jemanden haben, auf den wir nicht bauen können: Gern schießt er auch gegen die verblödete Linke, Öko-Läden in Kreuzberg, Kindesmißbrauchs-Wahn und die sogenannte Gegenkultur. Dafür wird er, wenn nicht gemocht, so doch gebraucht.

Arne Willander

Sonntag, 29. März, 19 Uhr, Kammerspiele