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Archiv-Artikel

GENDATEIEN UND DIE POLIZEI: VERTRAUEN IST GUT, KONTROLLE IST BESSER Wohlfeile Klage

Wolfgang Speck, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, ist beleidigt. Ihm tut das permanente Misstrauen weh, dem sein Berufsstand ausgesetzt wird. Neuestes Indiz für diese Haltung sei die Weigerung grüner Politiker, einer Ausweitung von DNA-Tests auf alle Fälle erkennungsdienstlicher Behandlung durch die Polizei zuzustimmen. Das gehe gegen die Berufsehre der Polizei.

Unter Berufsehre versteht man die sachgerechte Durchführung der beruflichen Arbeit samt gebotener Umsicht und Rücksichtnahme. Der Handwerksmeister folgt seiner Berufsehre, wenn er Pfusch vermeidet. Er kann Pfusch nicht mit seinem beruflichen Selbstbild vereinbaren.

Die Datenschützer und Politiker, die die Ausweitung der DNA-Tests ablehnen, haben es keineswegs auf die polizeiliche Berufsehre abgesehen. Denn sie bringen der Polizei kein allgemeines, mit dem Verdacht mangelhafter Berufsausübung zusammenhängendes Misstrauen entgegen. Insbesondere unterstellen sie der Polizei nicht die Absicht, Erbanlagen von Menschen auszuforschen, wie Wolfgang Speck meint. Ihr Argument bezieht sich auf die Grundrechte. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ihrer Meinung nach ein so hohes Gut, dass nur kraft richterlicher Anordnung und unter den engen Grenzen der Strafprozessordnung ein DNA-Test vorgenommen werden kann.

Wolfgang Speck wischt die oft schwierige Abwägung, ob das Persönlichkeitsrecht von Beschuldigten beziehungsweise von verurteilten Straftätern oder aber die Interessen der Allgemeinheit vorgehen, vom Tisch. Er stimmt stattdessen die wohlfeile Klage von der mangelnden Anerkennung seines Berufsstandes an. Wie sehr er der Polizei zu einem Opferstatus verhelfen will, zeigt seine Behauptung vom permanenten Misstrauen, das er und seine Leidensgenossen erdulden müssten. Will er etwa einen permanenten Vertrauensvorschuss einfordern? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Spruch stammt nicht von Lenin und hat auch nichts mit allgegenwärtigem Misstrauen zu tun. Eine staatsbürgerliche Maxime ist es trotzdem.

CHRISTIAN SEMLER