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Wohin gen vir?

■ betr.: "Alkoholismus schon in der Wiege?", taz vom 25.4.90

betr.: „Alkoholismus schon in der Wiege?“, taz vom 25.4.90

Endlich ist es heraus! Die mit Spannung erwartete wissenschaftliche Untersuchung aus den USA über die Entstehungsbedingungen des Alkoholismus kommt zu dem Schluß, daß eine genetische Anomalie wesentlich zur Genese der Sucht beiträgt, was die Fachwelt übrigens längst vermutete.

Damit hat sich herausgestellt, daß die Gene schuld sind, daß der zum Alkoholismus neigende Teil unserer Bevölkerung (der auch im Bundestag durchaus nicht unterrepräsentiert ist), Opfer eines tückischen genetischen Anschlags ist.

Ganz anders natürlich als der Aids-Patient, der bekanntlich seine gesunde Biologie mutwillig aufs Spiel gesetzt hat durch haltloses, unmoralisches Verhalten. Er hat sich den Virus sozusagen verdient.

Die chromosomalen Bedingungen devianten Verhaltens sind ja schon frühzeitig aufgefallen: Neben den „gesunden“ xx- und xy-Chromosomenkonstellationen wurden xxx- und xyy-Gräger gefunden, „Superweibchen“ und „Supermännchen“, wobei letztere durch Dummheit und Aggressivität imponierten (es ist deshalb an der Zeit, Aktenzeichen xy als sexistisch zu brandmarken und allenfalls von einem „Aktenzeichen xyy“ zu reden).

Die medizinische Welt wartet nun gespannt auf die Ergebnisse der noch laufenden Untersuchungen, die Licht auf den Ursprung des Rauchens, des Rauschgiftskonsums und des politischen Terrorismus werfen sollen.

Dank der Fortschritte auf dem Gebiet der Genomanalyse, also der genauen Lokalisation des Erbguts in den Chromosomen sind praktische Schritte schon in greifbare Nähe gerückt. So drängen die US-Einwanderungsbehörden auf ein Gesetz, wonach Immigranten ihre komplette Genomanalyse vorzulegen haben, damit potentielle Alkoholiker schon im Vorfeld abgewiesen werden können und der öffentlichen Hand große Belastungen erspart werden. Ob die moderne Gentechnologie es ermöglichen wird, dieses Manko dann auszubügeln, um die begehrte Staatsbürgerschaft doch noch zu erhalten, steht noch offen, aber ist zu hoffen. Also, dann Prost!

Dr. Ulrich Scheub

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