Wochenübersicht: Lautsprecher : Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
In dieser Woche feiert die Berliner radikale Linke mal wieder ruhige Abende: Filme werden gezeigt, Spieleabende bestritten, späte Wahlanalysen und Koalitionsprognosen werden beim Sterni abgesondert. Aha. Ausnahmen sind wenige, wir nennen diese: Am Dienstag wird im New Yorck im Bethanien Traditionspflege betrieben, indem über die erstmalige Besetzung des Bethanien berichtet wird – via Film. „Allein machen sie dich ein“, ein Film, der, wie der Titel schon vermuten lässt, die Besetzung des Bethanien nach einem Ton-Steine-Scherben-Konzert im Jahr 1971 dokumentiert. Am Mittwoch geht es schwer seriös zu, klar, wenn die Katholische Akademie der Veranstaltungsort ist. „Vaterland und Muttersprache – Soll es in Deutschland einen neuen Patriotismus geben?“ heißt die Veranstaltung, Thomas Brussig, Wolfgang Frühwald, Wolfgang Schäuble und Eren Ünsal sind die Diskutanten. Das scheint lustig zu werden. Am Donnerstag wird im Mehringhof über außerparlamentarische Bewegungen und den „Aufbau solidarischer Alternativen von unten“ gesprochen, Ulrich Franz von der Basis Initiative Solidarität, die eine überregionale linke gewerkschaftliche Basisorganisation darstellt, will über die Linke abseits von Linkspartei und Ströbele reden. Die Frage ist ja immer: Gibt es überhaupt noch genug Leute, die eine APO wollen? Am gleichen Tag denken diverse Berliner Friedensgruppen über Ähnliches in der Galerie Olga Benario nach. „Hat sich die Friedensbewegung überholt, oder muss sie auf die Überholspur gehen?“, lautet die Leitfrage im Rahmen der Ausstellung „Der Krieg kommt schon, wenn man einfach nichts gegen ihn tut“. Angesichts des miesen Zustands der hiesigen Bewegung von „Überholspur“ zu reden hat etwas, nun ja, arg Hoffnungssüchtiges. Aber vom Kanzler hat man ja gelernt, das Größenwahn zum politischen Geschäft gehört.