Wochenübersicht: Konzert : Daniél Kretschmar hört auf den Sound der Stadt
„Die Sonne scheint bei Tag und Nacht / Eviva España.“ Imca Marinas Texter fiel auf, dass er da ein Bild verwirrender Vulgärpoesie geschaffen hatte. Statt die Refrainredundanz jedoch für einen knackigen Ausputz zu nutzen und einfach mal den Weihnachtsmann Samba tanzen zu lassen, trat er feige den Rückzug in die Niederungen quasireligiöser Welterklärungsmuster an. „Der Himmel weiß, wie sie das macht. / Eviva España.“ Überhaupt: Eviva España – irrsinniges Mantra der deutschen Bumsmusik. Die Posaunen von Lütgendortmund blasen zum Sturm auf die Mauern des guten Geschmacks. „Bazooko’s Circus is what the world would be doing every Saturday night if the Nazis had won the war.“ Hunter S. Thompson ist offenbar vom deutschen Schlager verschont geblieben. Aber: Ernst beiseite, Dröhnung rein! Am besten ab Freitagnachmittag gediegen vorglühen, danach auf in die Chausseestraße, wo der Hafenbar legendäres Set „Schlager in Aspik“ im bereits elften Jahr bekannten Bär steppen lässt. Vielleicht sind die DJs Lars Vegas (!), Funkmaster Confetti und Super Sushi ja in avantgardistischer Laune und legen auch „Geile Zeit“ auf, ideale Einstimmung für das Juli-Konzert am Montag, wo wir der Regression der deutschsprachigen Unterhaltungsmusik beiwohnen dürfen. Wo das alles angefangen hat, lässt sich ganz leicht am Mittwoch im Tempodrom bei Roger Whittaker überprüfen. Wenn es nicht völlig ausgeschlossen wäre, dass Johannes Heesters irgendwann abtritt, hätte Whittaker einst sicher gute Chancen, dessen Bühnenpräsenzdauer zu überbieten. Die tags darauf ebenfalls im Tempodrom zum Tanz aufspielenden Kastelruther Spatzen sind dagegen noch richtige Newbies. Sie zeigen jedoch genug Ausdauer, dereinst vielleicht in die ewige Hall Of Fame der absolut überflüssigsten Kapellen der Welt einzugehen. Eviva España!