Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orléans, riss vor fast 600 Jahren ihr bedrängtes Vaterland in eine Aufbruchstimmung, von der unsere erlahmte Kanzlerin nur träumen kann. Jeannes visionärer Eifer facht die Widerstandskraft der französischen Armee wieder an und führte sie zum Sieg. Doch weil sie auch eine heilige Kriegerin war, ist sie den Zeitgenossen nicht geheuer und wird schließlich gefangen und als Ketzerin verbrannt. Schiller hatte eine Schwäche für heilige Krieger und edle Fanatiker und hat diesem Mädchen ein ebenso kämpferisches wie romantisches Drama gewidmet, das Claus Peymann jetzt am BE inszeniert.
Eine andere Frauenfigur mit Hang zum Fanatismus hat gerade wieder Konjunktur. Eben erst hatte Taboris Fassung der „Antigone“ Premiere. Im Theater an der Parkaue befasst sich ab Donnerstag Nora Somaini mit dem Stoff, den sie in ein modernes, vom Guerrillakrieg geplagtes Theben verlegt hat. Am Ende entscheiden die Zuschauer über Antigones Schicksal.
Die Schauspielerin Anne Tismer ist auch eine Art Theaterrebellin. Statt bei konventionellen Rollen und Strukturen zu bleiben, hat sie neue Produktions- und Darstellungsweisen erforscht und ist im letzten Jahr auf diesem Weg zur veritablen Performance-Künstlerin geworden. Nun arbeitet sie zum ersten Mal mit dem deutschen Aktions- und Performancekünstler John Bock zusammen, dessen Projekt „John Bocks Medusa im Tam Tam Club“ am Donnerstag im Magazin der Staatsoper Premiere hat. Es geht um eine Schiffskatastrophe im Jahr 1816, die auch schon den Maler Théodore Géricault beschäftigt hat.
Am Freitag gibt Sasha Waltz’ spartenübergreifendes choreografisches Projekt „Radiale Systeme“ für 22 Tänzer, 24 Musiker und 8 Sänger den neuen Veranstaltungsort „Radialsystem V“ an der Holzmarkstraße für den Spielbetrieb frei.