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■ Konfliktmanagement des Westens ohne RußlandWo ist die Utopie Gesamteuropas?

Das Ultimatum der Nato an die bosnischen Serben auf Veranlassung des UN-Generalsekretärs rief vehementen Protest von russischer Seite hervor. Die im Westen häufig angeführte Erklärung, der russische Widerstand wurzele in der slawischen Solidarität, dient als treffliches, ethnisches Argument, um eine detaillierte Prüfung russischer politischer Friedenspläne vom Tisch zu wischen. Warum blieb Rußland außen vor? Die Nato-Mitglieder meinten, sich aus Gründen der eigenen Glaubwürdigkeit kein Zögern mehr erlauben zu können. Sie wollten nun endlich Handlungsfähigkeit beweisen. Ihr Ultimatum zeigt: Krisen werden in Europa auch nach der Unterzeichnung der Charta von Paris durch die Macht des Stärkeren geregelt. Das Ziel von damals, Sicherheitsprobleme in Europa multilateral und kooperativ anzugehen, ist in den Wind geschrieben. Sicher, die Zeiten sind härter geworden. Das Gespenst des Nationalismus geht um. Sind Schwierigkeiten aber ein Grund, die gesamteuropäische Utopie über Bord zu werfen?

Rußland ist heute stärker denn je in verschiedenen Formen an der multilateralen Zusammenarbeit in Europa beteiligt. Die Einbeziehung des krisengeschüttelten Landes grenzt oft an eine Gratwanderung. Der Westen fürchtet zu Recht ein Appeasement gegenüber den Ultranationalen Schirinowskis. Und es trifft zu, daß es keine Zugeständnisse an revisionistische und chauvinistische Politik geben darf. Man kann aber nur auf jemanden Einfluß nehmen, den man in Entscheidungsprozesse soweit wie möglich verantwortlich und konstruktiv einbindet. Solange Rußland sich in multilateralem und kontrollierbarem Rahmen bewegen will, sollte man es beim Wort nehmen. Das gilt angesichts von über hundert Toten bei Kämpfen in Abchasien seit dem 5. 2. 1994 auch für die russischen Bemühungen um ein UNO-Mandat für friedenssichernde Aktivitäten auf dem Territorium der GUS. Auch dort duldet Friedenssicherung keinen Aufschub. Die russische Führung ist nach wie vor gewillt, auch auf dem gesamteuropäischen Weg weiterzugehen. Sie will auch nicht alleine bestimmen, aber sie will ein gewichtiges, eigenes Wort mitreden.

Krisenmanagement ist eine gesamteuropäische Aufgabe. Wenn der Westen hier russische Partner außen vor läßt, um die eigene fragile Handlungsfähigkeit nicht zu gefährden, begeht er einen politischen Fehler. Möglicherweise hat man überhaupt den KSZE-Prozeß in seinem wichtgsten Kern, dem politischen Dialog zwischen Ost und West auf der Grundlage klarer Prinzipien, zu früh abgebrochen – zugunsten einer Aufsplitterung in institutionalisierte, wenig leistungsfähige Mechanismen. Anna Kreikemeyer

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