Kurzkritik: „Crash Tokio“ im Grünen Jäger : Wo die Liebe hinfällt
Tourstation Hamburg. Der Backstage-Bereich ist diesmal über der Bühne. Er befindet sich in der ersten Etage des Grünen Jäger, ein Zimmer mit Dachschrägen, weichen Ledersofas und herumliegenden Schlafsäcken. Nicht, dass die Münchner Band Crash Tokio hier nächtigen wird, schließlich kennen sie Leute in Hamburg. Ihren Mann am Synthesizer zum Beispiel: Der kommt aus Hamburg, gehört nicht zur Kern-Band, ist aber auf der Tour dabei. Demnächst wird er nach München ziehen, weil seine Herzdame die Bassistin ist. Dafür zieht dann der Sänger nach Stuttgart: „Ich habe mich in eine Schwäbin verliebt.“
Warum wir das alles wissen? Weil es zum Live-Konzept von Crash Tokio gehört, zwischen den Songs zu labern. Ausgefeilt ist das Gelabere nicht, aber charmant. Und es gibt einen schönen Kontrast zur perfekt durcharrangierten Musik: Crash Tokio machen verwaschenen Disco-Pop mit zwei E-Gitarren, mitunter zweistimmigem Gesang und Soundtupfern aus dem Synthie. Sofort fallen einem die B52s ein, außerdem die Song-Orientierung des Britpop. Alles sehr ausgereift. Und funky.
Da ist dann die Bassistin mit dem neongrünem Oberteil und den Schweißbändern; oder der Schlagzeuger, der selbstvergessen gleichzeitig trommeln, rauchen und Kaugummi kauen kann; oder der Sänger, der mit seinen grünen Polyester-Hosen aussieht wie ein schottischer Vorstadt-Underdog. Und der Fotograf in der ersten Reihe knipst – und tanzt. KLAUS IRLER