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Wo bitte geht's zum Publikum?

■ Das europäische Kino zu Gast in Hamburg bei der Drehbuchkonferenz “Screen & Script“

Zwischen dem 7. und 9. Oktober treffen sich in Hamburg europäische Autoren zu den Drehbuchtagen screen and script. Bekannte Filmemacher wie Peter Greenaway, Richard Attenborough und Doris Dörrie diskutieren mit ihren Kollegen über ihre Arbeitsmethoden und -möglichkeiten. Zahlreiche Filme der Autoren werden in den Zeise-Kinos und im Metropolis gezeigt. Anläßlich dieses Filmgroßereignisses sprach die taz-Hamburg mit Ute Schneider, der Geschäftsführerin des European Film Distribution Office (EFDO)- Europäisches Filmbüro e. V., Jan Brandt, dem Geschäftsführer der Hamburger Filmwerkstatt und mit Hans Schönherr, der für die Organisation der verantwortlich zeichnet.

taz: Was versprechen Sie sich von den Drehbuchtagen?

Jan M. Brandt: Wir wollen ein Forum für Drehbuchschreiber schaffen und hoffen natürlich, daß viele Autoren kommen, in eine Diskussion geraten und auch einmal andere Methoden kennenlernen, ein Drehbuch zu schreiben. Gerade die deutschen Autoren können aus der Diskussion mit ausländischen Kollegen Anregungen erhalten, denn in der Methode ein Drehbuch zu schreiben hat sich hier in den letzten 30 Jahren nichts getan.

taz: Sie erhoffen sich also eine gewisse Befruchtung des deutschen Films davon?

Jan M. Brandt: Es wäre schon schön, wenn ein paar Impulse kommen würden, darüber nachzudenken, wie man denn auch anders arbeiten kann.

taz: Sind eigentlich solche Script Days im Ausland üblich?

Jan M. Brandt: Ja, aber es ist das erste Mal, daß so etwas in Deutschland gemacht wird. In England und Frankreich ist die Zusammenarbeit zwischen Autor, Produktion und Regie ganz anders als in Deutschland. Der Kontakt wird dort schon bei Schreibbeginn gesucht, während hier erst nach der dritten Fassung vielleicht mal ein Regisseur gesucht wird.

Ute Schneider: Der European Script Fund hat ein sehr großes Interesse an dem Script Day, weil man in der Auswertung der Anträge des Script Fund feststellte, daß überdurchschnittlich viele Anträge aus Deutschland kommen, die auch immer ordentlich präsentiert werden. Die Qualität der Anträge ist aber im Vergleich zu denen aus den anderen Ländern nicht immer die beste ist – um es mal vorsichtig auszudrücken. Deshalb sind auch die Deutschen nicht gerade überdurchschnittlich in den Förderungsentscheidungen des European Script Fund vertreten.

taz: Woher kommt eigentlich das Geld für den Script Fund?

Ute Schneider: Ebenso wie das Geld der EFDO aus dem Mediaprogramm der Europäischen Kommisson. Als EFDO stellen wir uns immer wieder die Frage: Woran liegt es eigentlich, daß es die europäischen Filme immer noch so schwer haben? Wo ist eigentlich der Zugang zum Publikum? Wer fragt sich überhaupt, wo finde ich das Publikum für meinen Film? Wir wollen, daß das hier intereuropäisch diskutiert wird, weil unsere Erfahrungen auch sind, daß die englischen und französischen Filme überdurchschnittlich gut in Europa laufen. Wenn man sich etwa alle von der EFDO geförderten Filme ansieht, dann stellt man fest, daß fast alle nichtenglischen Filme reine Autorenfilme sind.

taz: Besteht nicht die Gefahr, daß die jungen Autoren ob der ganzen Prominenz in Ehrfurcht erstarren?

Ute Schneider: Nein. Peter Greenaway zum Beispiel zeichnet sich dadurch aus, daß er stets den Dialog mit jüngeren Autoren sucht. Weder Greenaway noch Attenborough sind Leute, die den ganzen Vormittag reden. Und wir glauben, für eine interessante Mischung von jungen und erfahrenen Autoren gesorgt zu haben.

Hans Schönherr: Es geht weniger ums dozieren, als um eine extended talkshow: JedeR kann Fragen stellen.

taz: Der Autorenfilm, speziell deutscher Provenienz, soll in Frage gestellt werden?

Ute Schneider: Es geht darum einfach nur zu fragen: Warum im Filmproduktionsbereich, in dem eigentlich arbeitsteilig gearbeitet wird, hier so rigide festgehalten wird an dieser künstlerischen Einheit, Regisseur, Autor und oft noch Produzent in einer Person. Gerade die Verbindung von Autor und Regisseur schwächt den Produzenten, denn wo will er ansetzten, wenn er immer nur mit einer Person zu tun hat? Wenn alles sich nur im Kopf einer Person abspielt, halte ich das für schwierig.

Jan M. Brandt: Auch die Konstruktion der Filmbüros, der kulturellen Filmförderung ist extrem gefährlich, die fördern halt nur den Regisseur. Natürlich bringt der dann auch nicht die gesamten Mittel zusammen und sucht sich einen Produzenten und ist dann Autor, Regisseur, und Co-Produzent. Es kommt zu keinen Dialog, der Regisseur kann dann sagen: „Ich will das aber so, basta!“ Und der Produzent degeneriert zum Geldbeutel.

taz: Sollen Filme durch solch organisatorische Arbeit nun publikumswirksamer gemacht werden?

Ute Schneider: Die Theorie Kunst gegen Kommerz würde ich nicht aufstellen. Man sollte keinesfalls das Publikum unterschätzen. Es sind doch nicht die großen Meisterwerke die floppen, sondern die Filme, die nur halbherzig produziert wurden.

Fragen: Kai Rehländer

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