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Wissmann will am Tegernsee Weichen stellen

■ Klausurtagung des Bundes- und der Landesverkehrsminister zur Bahnreform / Streit über Finanzierung und Schienenhoheit / Länder wollen Mineralölsteuer

Berlin (taz) – Um endlich freie Fahrt für die Bahnreform zu bekommen, hat Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann seine Länderkollegen an den Tegernsee geladen. Seit zwei Tagen brüten 17 Minister oder ihre Staatssekretäre, heute wollen sie Ergebnisse bekanntgeben. Endgültiges ist nicht zu erwarten, denn ohne Finanzminister Theo Waigels Zustimmung läuft nichts – und nur wenn der bereit ist, seinen Geldsack zu öffnen, wollen die Länder der Bahnreform im Bundesrat zustimmen.

Damit sich bei den Verhandlungen etwas bewegt, hat Wissmann vorgeschlagen, daß der Bund für vier Jahre den Umfang des heutigen Zugverkehrs garantiert. Danach soll überprüft werden, ob die jetzt verabredeten Ausgleichszahlungen des Bundes an die Länder ausgereicht haben. Wenn nicht, soll nachverhandelt werden, verspricht der Bundesverkehrsminister. „Aber dann haben wir keinen Hebel mehr in der Hand, so wie heute noch mit der Grundgesetzänderung“, meint Jürgen Wefelmeier, Staatssekretär im hessischen Verkehrsministerium. Er rechnet deshalb nicht damit, daß sich die Länder auf das magere Angebot von sieben Milliarden Mark einlassen, die der Bund den Ländern für die Regionalisierung zahlen will.

Die Länder fordern insgesamt 14 Milliarden Mark. Hermann Schaufler, CDU-Verkehrsminister aus Baden-Württemberg, hat bereits vor einigen Monaten angekündigt, daß er ohne eine entsprechend hohe Länderbeteiligung an der Mineralölsteuer seine Hand für die Grundgesetzänderung nicht heben werde.

Die Berechnungen von Bund und Ländern basieren auf verschiedenen Grundannahmen. Heute überweist der Bund der Bahn beispielsweise für den Nahverkehr in Hessen rund 480 Millionen Mark. Um aber nach der Reform den Status quo zu halten, braucht das Land 750 Millionen, hat Wefelmeier schätzen lassen. Posten wie Materialbeschaffung und Verwaltung wurden nämlich bisher nicht auf die einzelnen Länder umgerechnet.

Der zweite Knackpunkt ist die Hoheit über die Schienenstränge. Der Bund will sie einer Aktiengesellschaft übertragen, die dann vermutlich – betriebswirtschaftlich folgerichtig – viele Nebenstrecken stillegen würde. Die Länder streiten dafür, daß die Fahrwege weiter dem Bund unterstehen und er auch für deren Erhaltung sorgen muß. Ob es noch in diesem Herbst zu einer Einigung kommt, ist offen. „Mehrere Länder halten das Risiko für zu schwer kalkulierbar. Sie wollen lieber, daß im Zweifelsfall der Bund die Streckenstillegungen zu verantworten hat“, so Wefelmeier. Annette Jensen

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