Wissenschaftsspiele für Zuhause: Das Entdecker-Abonnement
Die Ex-Phorms-Managerin Béa Beste schickt Familien monatlich eine Schachtel mit Entdeckerspielen. Erbsen und Zahnstocher kommen an bei den Kindern.
BERLIN taz | „Ich habe zehnmal damit gespielt. Es war ganz dolle. Am meisten Spaß haben mir die kleinen Tollas zum Aufkleben gemacht, die ich überall verstecken konnte. Mir ist es egal, dass auch kleinere Kinder damit spielen.“
Der achtjährige Friedrich erzählt nicht von einem Besuch in einem der Science-Museen, die es zuhauf in Deutschland gibt, heißen sie nun Extavium, Phaeno, Erfahrungsfeld, Experimenta oder Experiminta. Die Forscherspiele kamen zu ihm nach Hause.
Die Tolla-Box ist das neue Produkt der Phorms-Schulen-Gründerin Béa Beste. Genauer ist es keine Spielsammlung, sondern es sind Anlässe zum Basteln, Knobeln, Denken, Weiterspinnen. Die schuhkartongroße Box enthält jeweils drei „Entdeckerspiele“ mit Elterntipps für spielerisches Lernen und eine fantasieanregende Geschichte. Die Kiste kostet im Abonnement 21 Euro pro Monat.
„Wir sind gerade umgezogen“, erzählt Friedrichs Mutter, „wenn man da die Spielekästen verpackt, merkt man, dass das Spiel zu Ende ist, sobald nur ein Teil verloren ist. Das Gute an der Tolla-Box war, dass die Spiele darin Freiraum geben. Lego ist schon frei, aber das Erbsen-Steck-Spiel hat uns sehr lange beschäftigt. Meine Kinder haben kleine Häuschen gebaut, sie haben die Erbsen eingepflanzt, sie haben beobachtet, was aus den kleinen Dingern wird. Bisschen wie mit den Kastanien früher, hätte man selber drauf kommen können.“
Lassos für Seifenblasen
Lennart, 10, ist angetan, aber er hat auch zu meckern. „Das Spiel mit den kleinen Lassos, in denen man riesige Seifenblasen machen kann, ist für kleine Kinder richtig gut. Wenn so ein Luftblasenmacher am Spielplatz ist, sind immer ganz viele Kinder dort. Ich fand komisch, dass die jedes Spiel in Seidenpapier einhüllen. Das Spielchen mit den Erbsen hat mich nicht so interessiert. Für einen Sechstklässler, der den Profikurs in Nawi belegt – sag ich jetzt mal –, reicht das eben nicht. Also ich finde die Spiele sehr einfallsreich, nur die Box ist komisch gestaltet.“
Kein Wunder, dass sich Lennart unterfordert fühlt. Denn die Tolla-Box richtet sich an kleinere Kinder und ihre Eltern. Die Zielgruppe sind Vier- bis Achtjährige. Die abonnieren die Kreativ-Schachtel, die einmal im Monat zugesandt wird. Was Eltern dann noch brauchen, ist, sich und ihren Kindern ein bisschen Zeit zu geben, um die Spiele zu verstehen und gegebenenfalls zu erklären.
Danach müssen sie eigentlich nur noch die Größe haben, ihre Kinder mit der Schachtel allein zu lassen. „Kinder brauchen kreatives, offenes Spielen“, sagt Béa Beste, „und entspannte Eltern, damit sie ihre Fähigkeiten voller Selbstvertrauen ausprobieren und entfalten können.“
Freilich legt auch Beste in Wahrheit eine Blaupause aus. „Wie können Eltern kreatives Spielen fördern?“, lässt sie auf einem Beipackzettel fragen. Dazu gehört dann: Zwischenergebnisse loben, Erinnerung auffrischen und sich eben „rechtzeitig zurückziehen“. Die Box und ihre Inhalte werden von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet.
Erbsen und Zahnstocher
Amelie, 9, hat sich die Freiheit genommen. „Ich habe oft mit der Box gespielt. Zusammen mit meinem Bruder habe ich am meisten mit den Erbsen und den Zahnstochern gebastelt. Wir haben auch Experimente gemacht, und als die Erbsen aus waren, haben wir einfach nachgekauft. Ich finde, das ist eine gute Idee.“
Wie immer, wenn es um Bildung geht, werden hohe bis höchste Ziele angestrebt. Unternehmerin Beste sagt, „65 Prozent aller Grundschüler werden Berufe ausüben, die wir heute noch gar nicht kennen. Die beste Vorbereitung, die es gibt: forschendes Lernen und Ausprobieren.“
Sind Erbsen, Klebetollas, eine Lesegeschichte und eine Wäscheleine mit Gefühlskärtchen schon Anlässe zum Forschen? Sicher nicht. Aber in der Kiste stecken Bausteine für Neugier: Zeit und Aufgaben, die in die Autonomie der Kinder übergehen – und zum Reden reizen. Tante Constanze begann mit ihrer Nichte ein langes und wichtiges Gespräch über das Körpergefühl von Amelie.
So kritisch sie vorher das neueste Bildungsprodukt von Béa Beste beäugt hatte, so angetan war sie nun vom Effekt bei den Kindern: Begeisterung, Nachdenklichkeit und Reflexion. „Ich freue mich auf die neue Tolla-Box“, sagt Friedrich. „Wann gibt’s denn wieder eine?“ Kommende Woche wird Bestes Firma playducation die zweite Kiste verschicken. Diesmal soll es um Farben und Fantollasie gehen.
Leser*innenkommentare
Tania
Gast
Was bin ich dankbar für diesen Hinweis von Herrn Füller! Als Mittelschichtsmutti bin ich immer auf der Suche nach Dingen, die meinem Kind den Bildungsvorsprung sichern, den ich immer wieder in Gefahr sehe. Zwar geht mein Kind ja schon auf eine Privatschule, damit es nicht in Kontakt mit all diesen furchtbaren Unterschichtskindern kommt, die es nur runterziehen könnten. Manchmal packt mich die Sorge, dass mein Kind trotzdem von denen eingeholt werden könnte. Da ich mein Kind streng nach Jesper Juul-Prinzipen erziehe, ist es natürlich ein sehr gelungenes Kind, aber oft sehe ich das Problem, dass es sich mir und meinem Mann gegenüber hervorragend durchsetzen kann, aber von den furchtbar gedankenlos erzogenen Kindern unterdrückt werden könnte. Wie gut für mich, dass es jetzt diese Box gibt. Ich kann noch nicht sagen, ob mein Kind damit spielen wird, aber ich kann dann rumerzählen: mein Kind hat die von Herrn Füller empfohlene und von Bea Beste entwickelte Wissenschaftsbox. Meine Sorge ist nur: wie verhindere ich, dass mein Kind später ein Erbsenzähler wird...
Gabriel Garin
Gast
ich finde den artikel auch merkwuerdig. das ganze ist ungewoehnlich ausfuehrlich dafuer, dass es sich um nur eine erste box mit erbsen handelt und der artikel eigentlich nur auf aussagen von kindern basiert, die gar nicht zur zielgruppe gehoeren. und verstanden was da nun genau drin war, habe ich trotzdem nicht...
Jane
Gast
Äh - keine, wirklich gar keine Kritik an der Box? Der Artikel liest sich wie ein Infomercial...