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Archiv-Artikel

Wissenschaft geht stiften

Noch dieses Jahr sollen an der Uni Duisburg/Essen zwei Stiftungen entstehen, die Geld für die Hochschule sammeln sollen. ExpertInnen glauben nicht an das neue Finanzierungsinstrument

VON MORITZ SCHRÖDER

Die Hochschulen in NRW entfernen sich langsam aber sicher aus der Aufsicht des Landes. Den ersten Schritt zu mehr Autonomie plant zurzeit die Universität Duisburg/Essen. Dort will das Rektorat zwei Studienstiftungen aufbauen, um neues Geld für Studium und Lehre zu beschaffen. Schon dieses Jahr sollen die Stiftungen gegründet werden. Dort könnten Privatpersonen und Unternehmen Geld einzahlen, das in den Hochschulhaushalt fließt.

ExpertInnen bezweifeln jedoch, dass die von Rektor Lothar Zechlin anvisierten 20 Millionen Euro zusammen kommen: „Solche Stiftungen können nicht finanziert werden“, warnt Volker Ronge, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz (LRK) in Nordrhein-Westfalen. Dabei klingt die Idee einfach. Eine Stiftung kann für einen gemeinnützigen Zweck – etwa die Verbesserung der Bildungsarbeit – Geld einsammeln, zum Beispiel von Unternehmen und Selbstständigen. Das lohnt sich für die Finanziers: Je mehr sie einzahlen, desto weniger Steuern müssen sie dem Staat geben. Die Universitäten können selbst über das eingenommene Geld bestimmen. Das gilt für den Hochschulhaushalt nicht, bei dem das Land festlegt, für welche Aufgaben das Geld ausgegeben wird. „Mit einer Stiftung kann sich die Hochschule den Zwängen des Haushaltsrechts teilweise entziehen“, erklärt Peter Krebs, Wirtschaftsrechtler an der Uni Siegen.

An der Uni Duisburg/Essen laufen bereits Gespräche mit möglichen StifterInnen. Zunächst soll ein Grundstock von 500.000 Euro gesammelt werden, der nicht angetastet wird. Nur aus den Zinsen des Kapitals sollen Projekte finanziert werden. In eine der beiden Stiftungen sollen fünf Prozent der Studienbeiträge fließen, die an der Uni ab dem Sommersemester 2007 fällig werden. Die zweite würde komplett aus privaten Quellen finanziert. Mit dem Geld beider Töpfe sollen die Bedingungen für Lehre und Studium verbessert werden.

Wirtschaftsrechtler Krebs ist diese Idee zu einfach. Er glaubt nicht, dass Stiftungen ein geeignetes Mittel für die Universitäten und Fachhochschulen sind: „Die Rektorate haben wenig Erfahrung mit solchen Instrumenten. Dort finden sich nicht die geborenen Experten zusammen.“ Das bestätigt Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbands deutscher Stiftungen: „Der Erfolg der Stiftungen hält sich daher noch in Grenzen.“ In anderen Bundesländern müssen die Unis schon längst ihr Geld selbst akquirieren. In Niedersachsen wurden einige Hochschulen sogar komplett in eine Stiftung umgewandelt, etwa in Göttingen oder Lüneburg. Diese Möglichkeit sieht auch das neue Hochschulfreiheitsgesetz vor, das in NRW ab kommendem Jahr gelten soll.

Auch mit den Stiftungen werden die Unis aber nicht unabhängiger von staatlichem Geld, so Torsten Bultmann vom Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: „Nirgendwo konnten Hochschulen ihr Vermögen erhöhen.“ In Niedersachsen habe die Landesregierung den kompletten Uni-Haushalt ab einem bestimmten Datum eingefroren, trotz ständig steigender Kosten. Durch die Stiftungen würde außerdem ein gefährlicher Trend bedient: „Das Studium wird wirtschaftsfreundlicher.“ Zunehmend müssten RektorInnen wie Privatunternehmer ihr Geld aus anderen Quellen holen. Laut Fleisch ist das zurzeit besonders problematisch, weil für die neuen Bachelor-Studiengänge mehr Personal benötigt werde, wodurch höhere Kosten entstehen.

Ronge von der LRK mahnt außerdem: „Das Geld von Firmen bekommen die Hochschulen nicht zur freien Verwendung, sondern nur in Verbindung mit unternehmerischen Interessen.“ Ein Beispiel dafür sieht er in der Gründung des Instituts für Energieforschung Anfang September an der Hochschule RWTH Aachen. Das Institut wurde vom Energiekonzern E.on finanziert.