: Wirtschaftsfaktor Prostitution
betr.: ‚„68“ und die Prostitutionsfolgen“, taz vom 12. 11. 07
In seinem Artikel zitiert Helmut Höge aus meinem Antwortstatement „Prostitution ist Realität“ auf ein Interview mit Alice Schwarzer auf Spiegel Online vom 2. November. Dabei reißt er mein Zitat völlig aus dem Zusammenhang, so dass die LeserInnen den Eindruck bekommen müssen, ich hielte es für positiv („einen Wirtschaftsfaktor“), dass der Staat große Summen kassiert, wenn in Großbordellen – wie er schreibt – „wie am Fließband gearbeitet wird“. Damit wird mein Statement ins Gegenteil verkehrt. Tatsächlich habe ich festgestellt, dass ohne Prostitutionsgesetz ein Bordell immer noch irgendwo weit draußen in Industriegebieten eröffnet würde. „Von den Behörden stillschweigend geduldet, weil es einen Wirtschaftsfaktor darstellt und der Staat große Steuersummen kassiert. […] Für die Arbeitsbedingungen würde sich niemand interessieren.“ So lässt sich das Zitat weiterhin auf Spiegel Online nachlesen.
Auch sonst habe ich den Eindruck, der Autor hat das Gesetz missverstanden. Es ging beim Prostitutionsgesetz nicht darum, die Einnahmen von Prostituierten zu besteuern. Denn das passierte ja bereits vor Einführung des Gesetzes. Ziel war es, den Zustand zu beenden, dass der Staat sich selbst „zum größten Zuhälter“ machte, indem er Steuern von Prostituierten kassierte, sie aber in der Illegalität beließ. Mit der Aufhebung der Sittenwidrigkeit erhielten Prostituierte endlich Rechte. Auch können Bordellbetreiber nun straffrei für vernünftige Arbeitsbedingungen sorgen. Leider erleben wir das bei der wachsenden Zahl von Großbordellen nur selten. Auch die Länder bleiben passiv. Dabei eröffnet das Prostitutionsgesetz Möglichkeiten, Standards für Arbeitsbedingungen zu setzen. In Berlin werden nun Wohnungsbordelle geschlossen, weil das Land eine Änderung des Baurechts verweigert. Das ist ganz sicher nicht im Sinne des Gesetzes. IRMINGARD SCHEWE-GERIGK, Sprecherin für Frauen- und Rentenpolitik, Bündnis 90/Die Grünen