Wirtschaft in der Rezession: Spanien versilbert einigen Staatsbesitz
Erst das Land, nun die Banken: Spaniens Kreditwürdigkeit wird nicht besser, nun wurden elf Banken herabgestuft. Die Regierung treibt die Privatisierung von Dienstleistungen voran.
MADRID/ SANTIAGO DE COMPOSTELA dpa/rtr | Spaniens Wirtschaft rutscht in die Rezession, die Bonität zahlreicher Banken wird herabgestuft: Trotz der drastischen Sparpolitik der Madrider Regierung setzen die Krise und ihre Folgen dem Euro-Sorgenkind unvermindert zu. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) appellierte jedoch an die Spanier, an ihrer Sparpolitik festzuhalten.
Die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte zuvor die Kreditwürdigkeit von elf spanischen Banken herabgestuft. Darunter waren auch die Großbanken Santander und BBVA. Die Herabsetzung sei eine Folge der in der vergangenen Woche bekanntgegebenen skeptischeren Bewertung der Bonität Spaniens, teilte die Agentur am Montag mit.
Unter dem Druck unruhiger Finanzmärkte veräußert Spanien seinen Staatsbesitz. Am Freitag werde die Regierung die Privatisierung einiger Dienstleistungen im öffentlichen Transportsektor bekanntgeben, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos. „Die Regierung hat einen klaren Fahrplan und der beinhaltet einen Privatisierungsplan für die öffentliche Infrastruktur.“ Zugleich erklärte der Minister, Spanien habe nicht vor, für den Bankensektor internationale Hilfen anzufordern.
Er bestätigte aber Medienberichte, wonach die Regierung über eine mögliche Auslagerung von Schrottpapieren des heimischen Finanzsektors diskutiert. Der Minister plädierte dafür, die Bankbilanzen von faulen Immobilienkrediten zu befreien. Allerdings vermied er es, von der Gründung einer „Bad Bank“ zu sprechen.
Das staatliche Statistik-Institut (INE) bestätigte zudem, dass die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone zu Jahresbeginn offiziell in die Rezession gerutscht ist. Die Wirtschaftsleistung sei in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum letzten Quartal 2011 um 0,3 Prozent gesunken. Damit ist die gängige Definition für eine Rezession – zwei Quartale mit negativen Wachstumsraten in Folge – nunmehr erfüllt. Im Schlussquartal 2011 war die Wirtschaft erstmals seit Ende 2009 wieder geschrumpft. Das Minus lag ebenfalls bei 0,3 Prozent.
Schäuble betonte auf einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens, die Reformen der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy seien beeindruckend. Das Vertrauen der Märkte könne nicht von einem Tag auf den anderen zurückgewonnen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands