piwik no script img

Wird es zum Frieden führen?

■ Zu dem „Gaza-Jericho-Abkom men“ zwischen Israel und der PLO

[...] Nach dem Golfkrieg verfiel die PLO in eine tiefe Krise, zum einen entzogen ihr die Golfstaaten ihre finanzielle Unterstützung, zum anderen wollten sämtliche westliche Regierungen nichts mehr mit dem Verbündeten Saddams zu tun haben. Die Hamas hat in den besetzten Gebieten an Zulauf gewonnen und ist zur ernsthaften Bedrohung für die PLO geworden. Das Abkommen mit Israel war Arafats letzte Chance, noch einmal ins Rampenlicht zu kommen und seine Haut auf der politischen Bühne zu retten. Bei den Feierlichkeiten zur Unterzeichnung des Abkommens wurde er von der herrschenden Klasse sämtlicher Nationen offiziell empfangen und durfte sich im Stile von Sadat als Friedensbotschafter und King von Kleinpalästina aufspielen. Bill Clinton sprach ihn bei den Feierlichkeiten mit „Mr. President“ an, womit Arafats Traum wohl in Erfüllung gegangen sein mag.

Was die israelische Seite angeht, so sieht es nicht sehr viel besser aus: Auch die israelische Regierung kämpft gegen den aufflammenden islamischen Fundamentalismus, der die Intifada anheizt. Damit haben Israel und die PLO zum ersten Mal einen gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Ende letzten Jahres hatte Rabin versucht, dieses Problem mit Gewalt zu lösen, indem er über 400 mutmaßliche Hamas-Anhänger deportieren ließ. Doch bald bekam er zu spüren, daß diese Methoden nicht mehr funktionieren. Er wurde von den USA nicht wie bisher bei dieser Aktion gedeckt. Wie ist das zu erklären? Nach dem Einsturz der UdSSR lehnen sich fast alle arabischen Führer an den neuen Partner USA, und auf die muß nun Rücksicht genommen werden. Überhaupt ist der Druck für die USA, ein Ergebnis der „neuen Weltordnung“ nun endlich vorzuweisen, sehr groß. Dann folgten die Anschläge palästinensischer Arbeiter gegen ihre israelischen Arbeitgeber, woraufhin die Westbank und der Gaza-Streifen Ende März panikartig abgeriegelt wurden. Damals stellte sich für Israel die Frage, was nun mit dem Gaza-Streifen, der immer lästiger wurde, geschehen sollte. Sich einfach zurückziehen können die Israelis nicht, denn das Gewaltpotential ist auf diesem dichtbesiedelten Ort der Welt, der wie kein anderer Elend, Unterdrückung, Entwürdigung und Ausbeutung durch seinen Besatzer kennengelernt hat, enorm. Die Intifada ist für Israel auch zum schwerwiegenden Problem geworden. Also ist die beste Lösung für Israel, dieses Gebiet nach und nach der PLO zu überlassen. Damit diese jedoch nicht zur Bedrohung werden kann, muß man sich vorher mit ihr verbünden. Der Anfang dessen ist am Montag in Washington getan worden. Arafat hat fast im Alleingang für ein ganzes Volk entschieden und ist dessen verzweifeltem Kampf in den Rücken gefallen.

Natürlich wird das Abkommen in den Medien als Hoffnungsschimmer für den Frieden und als Schritt nach vorne dargestellt. Damit trägt Washington einen außerordentlichen außenpolitischen Sieg davon und konnte der Welt am Montag seine neue Weltordnung wie auf einem Silbertablett präsentieren. Arafat stellt sich als Befreier Palästinas dar und genießt sämtliche Ehrungen. Und Rabin kann scheinbar sein Versprechen, das er vor seiner Wahl gemacht hatte, einlösen (Land gegen Frieden) und ist gleichzeitig das immer unliebsamer werdende Gaza mit seinem terroristischen Potential los. [...] Rebecca Pini, Frankfurt/Main

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen