: Wirbel um den Frontstadt-Äther
■ Für neue Rundfunkordnung in Berlin-Brandenburg fehlen die Grundlagen
Berlin/Potsdam (dpa/taz) — Dem Zuschauer und Hörer ist die Angelegenheit eigentlich egal: Frequenzen und technische Reichweiten interessieren ihn so lange nicht, wie er seine Programme in ordentlicher Qualität empfängt. Doch in Berlin und Umgebung hat der Streit um jene technischen Voraussetzungen langsam auch die Verbraucher erreicht. RTLplus kann hier nur mit besonders aufgerüsteten Antennen empfangen werden, den Ostberlinern sind mit dem DFF ein Fernsehvollprogramm und mit Radio Aktuell ein Hörfunkprogramm in der Silversternacht abgeschaltet worden. Da steht dieses Schicksal nun möglicherweise auch RIAS 2 bevor, und es demonstrieren HörerInnen vehement gegen die Abschaltung von Jugendradio DT64. In Brandenburg haben die Gebührenzahler zwar den neuen ORB, doch der „Randfunk“ kann nicht im ganzen Land empfangen werden. Der SFB wiederum sieht sich dem Zwang zum Sparen ausgesetzt. Da wäre es gut, wenn gemeinsame Programme geschaffen werden — zum Nutzen der leeren Kassen, aber auch im Interesse der Gebührenzahler. Ein gemeinsames Fernsehprogramm und zwei Hörfunkprogramme sollen — so ist es geplant — später einmal den SFB und den ORB miteinander verbinden. Doch die Voraussetzung dafür sind eben Frequenzen. In Brandenburg können viele nicht verstehen, warum der SFB eine reichweitenstarke TV-Frequenz besitzt, mit der die Berliner Abendschau bis weit nach Sachsen- Anhalt ausgestrahlt werden kann, doch andererseits der ORB nicht einmal mit seinem Fernsehprogramm alle Landesteile erreicht. Auch die Auseinandersetzung um die gemeinsame Jugendwelle von SFB und ORB ist im Endeffekt ein handfester Frequenz-Poker: Die Brandenburger kommen nur mit dem SFB gemeinsam auf die starke Berliner DT64- Frequenz 102,6 MHz. Ein weiteres gemeinsames Programm ginge selbst beim— derzeit nicht vorhandenen — besten Willen nicht: Es gibt keine vierte flächendeckende Frequenzkette. Dazu kommt die haarsträubende Rechtslage: In Berlin ist für Frequenzen und Sendelizenzen der Kabelrat zuständig, dessen Rechtsgrundlage in zwei Monaten beendet ist. In Brandenburg wurde eine Medienanstalt gar nicht erst gegründet, weil beide Länder eine gemeinsame Anstalt gründen wollten — ein entsprechender Staatsvertrag kommt aber nicht über die parlamentarischen Hürden. Der Berliner Kabelrat will nun in den letzten Wochen seines Daseins keine Entscheidung mehr treffen, die Bewerber um Frequenzen aber drängeln mächtig. Die Landesrundfunkanstalten SFB und ORB schieben ihre Verhandlungen immer weiter hinaus; die Redaktionen der SFB-Jugendwelle Radio 4U und des Brandenburger Jugendprogramms Rockradio B (das momentan ein „Fenster“ auf DT 64 sendet) konnten ihre Rivalitäten beim Aufbau eines gemeinsamen Programms bislang nicht überwinden. Hannes Bahrmann
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