Wirbel um Antidopingkampf im Fußball: Die laxe Liga
Ralf Rangnick plaudert über Versäumnisse im Antidopingkampf und ruft damit den Fußballbund auf den Plan.
SINSHEIM taz Was Ralf Rangnick am Sonntagabend auf der roten Couch im Studio des Südwestrundfunks bei "Sport im Dritten" zu erklären versuchte, klang plausibel. In der Bundeslige gehe es bei Dopingproben oftmals recht lax zu, gab er zu verstehen. Gestern Nachmittag sah sich der Deutsche Fußball Bund (DFB) gezwungen zu reagieren. Der Trainer von 1899 Hoffenheim wurde aufgefordert, seine Aussagen zu konkretisieren. "Es steht außer Frage, dass der DFB die Anti-Doping-Richtlinien exakt einhält und umsetzt. Sollten bislang nicht bekannte Vorfälle durch die Antwort von Herrn Rangnick bekannt werden, so werden wir dazu sofort sportgerichtliche Ermittlungen einleiten", so DFB-Vize Rainer Koch. Zudem verlangte der DFB-Kontrollausschussvorsitzende Anton Nachreiner eine Stellungnahme des Vereins zum Fall Andreas Ibertsberger und Christoph Janker; beide Profis waren verspätet zu einer Dopingkontrolle erschienen, ihnen droht eine Sperre von einem Jahr.
"Bei uns war es in der Vergangenheit öfters so, dass der Dopingbeauftragte gesagt hat, die Spieler können noch mal in die Kabine gehen und sollen sich ein neues Trikot anziehen", sagte Rangnick im SWR. Andere Trainerkollegen hätten diese Art des Umgangs bestätigt. "Es ist auch in anderen Vereinen so." Er sei allerdings sicher, dass in der Bundesliga nirgendwo gedopt werde. Mit seiner Offenheit hat sich Rangnick nun den Zorn der Ordnungshüter des DFB zugezogen. Man könne Regeln nicht einfach ignorieren, hatte Koch schon am Sonntag bei einem Fernsehauftritt erklärt und spielte damit auf die Zuspätkommer Ibertsberger und Jancker an, die nach dem Auswärtsspiel am 7. Februar bei Borussia Mönchengladbach rund zehn Minuten zu spät zur Kontrolle erschienen waren. Als Grund wurde die Meldung verbreitet, das Duo hätte an einer Mannschaftssitzung teilgenommen. Dieser Darstellung widersprach nun Rangnick. "Es gab keine Mannschaftssitzung", sagte er. Laut Manager Jan Schindelmeiser ist zu klären, ob es eine zehnminütige Verspätung gegeben habe oder ob "nur ein Missverständnis" zwischen Hoffenheims Teamarzt und dem Dopingkontrolleur vorliege. "Wir haben bis heute noch keine Unterlagen des DFB bekommen. Schriftlich fixierte Vorwürfe kennen wir bis heute leider noch nicht. Die aber brauchen wir, um Stellung zu nehmen und genaue zeitliche Abläufe vonseiten des Dopingkontrolleurs zu kennen", so Schindelmeiser.
In jedem Fall ist der jeweilige Verein dafür verantwortlich, dass zur Probe ausgeloste Profis direkt in den Kontrollraum gehen. Deshalb droht nicht nur den Spielern eine Sperre, sondern auch dem Verein eine Strafe, was 1899 im Notfall Punkte kosten könnte. Der damalige Gegner aus Gladbach hat Protest gegen die Spielwertung eingelegt. Brisant wird der Fall durch ein Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes Cas, der am 29. Januar 2009 zwei italienische Profis für ein Jahr sperrte, die 30 Minuten zu spät zur Dopingkontrolle erschienen waren. Der italienische Verband hatte nur eine Sperre über 15 Tage ausgesprochen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten