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Wir sind so jung, wir sind so stark

■ Die Jugendorganisationen der Regierungsparteien wollen den Ausstieg aus dem Generationenvertrag. Alterssicherung? Privatsache. Davon profitieren allerdings nur Besserverdiener und glückliche Erben. Von

Wir sind so jung, wir sind so stark

Im Alter von 24 Jahren denkt man eigentlich nicht an die Rente. Jörg Tremmel schon. Der Betriebswirtschaftsstudent hat sich in seinem gleichnamigen Buch der Aufdeckung des „Generationsbetruges“ verschrieben. Wenn sich an der hohen Belastung künftiger Generationen durch das Rentensystem nichts ändere, werde der Kampf zwischen Arm und Reich demnächst abgelöst „von einem Kampf Alt gegen Jung“, glaubt Tremmel.

Die These vom drohenden Krieg der Generationen ist in Mode gekommen: Auch die Jugendorganisationen der Regierungsparteien drängen auf eine Änderung des „Generationenmodells“, die den Älteren mehr Verzicht abringt, die Jüngeren dagegen von hohen Sozialversicherungsbeiträgen entlastet. Tremmel, Student der privaten European Business School in Oestrich- Winkel, möchte eine „Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen“ gründen, die sowohl vor der ökologischen als auch vor der ungerechten sozialen Erblast der Älteren warnt. Wenn nichts passiere, hätten die Jüngeren eine Beitragslast von mehr als 30 Prozent, aber später eben keine entsprechende Rente in Aussicht. „So wird die junge Generation betrogen.“ Der Jungautor plädiert für eine Rentenkürzung um 25 Prozent und nur mäßige Beitragserhöhungen.

Immer weniger Beitragszahler müssen künftig immer mehr Rentner finanzieren. „Der Generationenvertrag ist so nicht mehr zu halten“, ist auch Patrick Döring überzeugt; er ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen (JuLi). „Die jetzt 40jährigen sind die letzten, für die sich das System noch lohnt.“ Döring macht in seinem Bekanntenkreis immer mehr junge Leute aus, die sich „Schlupflöcher“ suchen, um die hohen Sozialabgaben zu sparen.

Die jungen Beitragsverweigerer leben vor, was der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) in Sachen Rente prophezeit: „Die Generation der bis 40jährigen wird sagen: Nicht mit uns!“ Ob Graphiker, Versicherungskaufleute, Tagesmütter oder Fahrradkuriere – es gibt viele Fluchtwege von der Scheinselbständigkeit bis hin zum Tricksen beim Bruttoverdienst. „Da wird beispielsweise ein niedriges Brutto von 2.000 Mark vereinbart, von dem dann die Sozialversicherungsbeiträge abgehen. Hinzu kommen aber noch ein paar tausend Mark Provision, und die sind sozialversicherungsfrei“, schildert Döring.

Die JuLis basteln ebenso wie die Junge Union (JU) an neuen Modellen zum Ausstieg aus der bisherigen Rentenversicherung. Der Jungliberale träumt von einem „Stichtag“, an dem die Jungen den „Generationenvertrag“ kündigen. Ab sofort müßten die Beitragszahler dann nur noch in eine kapitalgedeckte Rentenversicherung – ähnlich einer Lebensversicherung – einzahlen. Die noch laufenden Ansprüche der Älteren dagegen sollen gedeckelt und durch Steuermittel beglichen werden. Die JU liebäugelt hingegen mit einem allmählichen Ausstieg aus dem Generationenvertrag. „Wir sind für eine steuerfinanzierte Grundsicherung“, betont Hildegard Müller, wirtschaftspolitische Sprecherin der JU. Die bisher erworbenen Rentenansprüche sollen nach dem JU-Modell weiterhin durch die allmählich sinkenden Beiträge der Jüngeren bedient werden. Diese erwürben aber keine eigenen Rechte auf eine Versicherungsrente mehr. Statt dessen soll eine konsumsteuerfinanzierte Grundrente das alte Generationenmodell ablösen. Wer später nicht am Existenzminimum herumkrauchen will, muß dann allerdings beizeiten privat ansparen.

Genau das ist der Haken beim Rentenausstieg: Nur wer gut verdient oder erbt, für den rechnet sich die Privatisierung des Altersrisikos. „Diese Hochjubelei der privaten Vorsorge ist eher eine Werbung für die Versicherungswirtschaft“, rügt Manuela Rottmann, Bundesvorstandssprecherin des Grün-Alternativen Jugendbündnisses. „Diesen Trend zur privaten Vorsorge vertreten vor allem junge Männer, nach dem Motto „Wir sind so jung, wir sind so stark“.

Die jungen Grünen sprechen sich eher dafür aus, die Beitragshöhe nach oben einzufrieren und die Rentenhöhen nach unten anzupassen. Eher sollte man den Kreis der Einzahler um Beamte und Selbständige erweitern, als das Umlageverfahren zwischen den Generationen zu kippen. „Grundsätzlich aber wird es höchste Zeit, das Problem auch mal aus dem Blickwinkel der jungen Generation zu betrachten“, so Rottmann.

Die Generation der Rentner, so Tremmel, sei die reichste in der Bundesrepublik. Davon profitieren vor allem die Jungen; die Nachfolgegeneration erbt soviel wie nie zuvor. Der künftige Generationenvertrag wird für die Erben wieder zur Familiensache, getreu dem Motto, das sich Milliardär Paul Getty II in den Eingang seines Luxusdomizils gehängt hat: „Money isn't everything, but it sure keeps your children in contact with you.“

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