SICHERHEIT GEHT VOR : Wir müssen leider draußen bleiben
ANDREAS RÜTTENAUER
Die Frau am Akkreditierungsschalter weiß Bescheid: „Die Kollegin ist gerade in einem Meeting.“ Nur die Kollegin aber kann sagen, ob ich wirklich keine Chance habe, ins Medienzentrum der Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen zu gelangen. Ich schaue durchs Fenster in der Olympia-Eissporthalle, die für die Pressevertreter abgetaut wurde. Ein paar Kollegen arbeiten am Morgen vor der großen Eröffnungsfeier, die gestern am frühen Abend im Skistadion am Gudiberg stattgefunden hat. Wer sich nicht auskennt, wer ein Eventprogramm für die Tage der Ski-WM braucht, der kann sich im Service Counter in der „SchneeBayern Media Alm“ informieren. Der ist auch im Medienzentrum. Da komme ich nicht rein. „Haben Sie sich nicht akkreditiert?“, werde ich gefragt. Ich sage, wer ich bin, dass ich für die taz unterwegs bin und dass ich mich nicht akkreditiert habe, weil ich gegen die pauschale Sicherheitsüberprüfung für Journalisten bin. Die freundliche Helferin am Anmeldungsschalter nickt betroffen. „Gegen die Sicherheitsüberprüfung, soso.“
Wieder einmal ist die taz außen vor bei einem sportlichen Großereignis. Wie bei der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin bekam nur eine Akkreditierung, wer einer Sicherheitsüberprüfung zugestimmt hat. Wer nicht will, dass Polizei, BKA, Verfassungsschutz bzw. Bundesnachrichtendienst in persönlichen Daten schnüffeln, darf nicht in die Medienbereiche der WM. Immer mehr Pressevertreter trudeln ein, die meisten aus den Alpennationen, Schweiz, Österreich und Italien. Sie holen sich ihre Presselätzchen ab, ihre Eintrittskarten zu den exklusiven Pressebereichen. „Gegen die Sicherheitsüberprüfung, soso.“ Dieser Satz fällt nicht mehr an diesem Vormittag. Die Kollegen, die an mir vorbei ins Eisstadion marschieren, haben beim Online-Akkreditierungsverfahren, das bis Ende des vergangenen Jahres lief, ein Häkchen an der richtigen Stelle gesetzt und der Sicherheitsüberprüfung zugestimmt. Vollkommen freiwillig, versteht sich. So steht es in den Akkreditierungsrichtlinien der WM. Aber: Wer nicht freiwillig zustimmt, der kann nicht akkreditiert werden. Der Deutsche Journalistenverband DJV sieht in der Akkreditierungspraxis einen massiven Eingriff in die Pressefreiheit.
Natürlich steht es uns frei, auch ohne Akkreditierung über die WM zu berichten. Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting hatte der taz 2009 vorgeschlagen, sich doch einfach eine Eintrittskarte zu kaufen und vom Tribünenplatz aus zu berichten – ganz ohne Siegerinterviews, Verliererstatements und O-Töne von Pressekonferenzen. Kann das gehen? Bei der Ski-WM will ich das probieren. Heute bin ich beim Super-G der Frauen. Mal sehen, wie nahe ich unserer Doppelolympiasiegerin Maria Riesch komme.
Das Meeting der Kollegin, die entscheiden soll, ob ich wenigstens in das Medienzentrum darf, um diesen Text abzuschicken, dauert und dauert. Immer mehr Kollegen aus aller Herren Länder marschieren an mir vorbei und holen sich die Tasche mit den Willkommensgeschenken für die Journalisten ab. Ich bin mir sicher, dass die Dinge, die da drin sind, es nicht wert sind, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu opfern.