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■ Wir lassen lesenSuper, Berti

„Mit jedem Pedanten stirbt ein Stück Chaos.“ Man glaubt es kaum, aber dieser Satz stammt von Uwe Seeler und gemünzt ist er auf Berti Vogts, den Bändiger der bundesdeutschen Fußballerbeine, der heute die Grizzlybären mit derselben Hartnäckigkeit verfolgt wie einst die gegnerischen Stürmer und der sich anschickt, in die Fußstapfen des kaiserlichen Beckenbauers zu treten.

Es wird ihm nicht gelingen, denn Berti Vogts wurde nicht unter dem Beckenbauerschen Glücksstern geboren, sondern am Niederrhein, und das ist, wie das Buch „Super, Berti“ vom Eichborn-Verlag deutlich macht, eine schwere Bürde. Das Land, „in dem die Kopfweiden einsam und frierend herumstehen, der Kellner ,Köbes‘ heißt und die Knäkente knäkt“, hat den von Toppmöller als Wadenbeißer verglimpften Verteidiger hervorgebracht und auch jenen weitgereisten Bundestrainer, der wohl eher eine Herde Berggorillas zum Formationstanz als die Bundesligaelite zum Rennen bewegen könnte.

Das Büchlein nähert sich dem „Bundestrainer in seiner ganzen Pracht“ von Geburt an, in Form wahrer und gut erfundener Begebenheiten, würdigt, garniert mit sarkastischen Fotos, die Laufbahn des Büttgener Buben vom Meßdiener zum Werkzeugmacher, zum Weltmeister, zum Eigentorschützen von Córdoba, zum Namensgeber der Bunte-Liga-Mannschaft „Wim Kieft, Berti Kokst“, zum „Super-Berti“ eben, der sich laut Prophezeiung des Astrologen Sirius K. vom Jahr 2016 an als Bierzapfer in der Vereinsgaststätte von Mönchengladbach die Rente aufbessern und vermutlich mittels Bierdeckeln demonstrieren wird, wie er damals immer den Cruyff grätschte.

Aussprüche bedeutender Zeitgenossen wie Bernd Schuster, Campino oder eben Uwe Seeler über Berti werden dokumentiert, es gibt ein Vergleichs- Psychogramm („Was wäre Berti als Sekt? – Rotkäppchen“), besonders gelungen ist jedoch das „Goldene-Worte- Quiz“ mit 54 Zitaten begnadeter Verbalrastellis, aus denen die Vogts-Sätze herausgefiltert werden sollen. Und als Zugabe gibt es elf Fußballwitze, die mit Berti Vogts meist nichts zu tun haben.

Kostprobe? „Otto Rehhagels Sohn wird getauft. Alle Bremer Spieler sind gekommen. Doch dem Pfarrer passiert ein Mißgeschick. Das Kind rutscht ihm aus den Händen. Oliver Reck ist es, der geistesgegenwärtig zum Altar hechtet und reaktionsschnell Rehhagels Jüngsten auffängt. Die Gäste atmen auf und klatschen begeistert Beifall. Reck lächelt geschmeichelt, tippt zweimal auf und schlägt ab.“ Matti

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