■ Wir lassen (demnächst) lesen: Gegen die letzte Pfadfinderbastion
Ob dieda oder sieda – das sehen sie nicht so eng. Als die Macherinnen des neuen und ersten Frauenfußball-Magazins für dieda Titelschutz anmelden wollten, erreichte sie ein aufgeregter Brief der Rechtsabteilung des Privatsenders Vox. Darin machten sich die Herrschaften ernsthaft Sorgen, daß es zu Verwechslungen mit einem vom Sender geplanten TV- Frauen-Magazin „Die da“ kommen könnte. „Kein Problem“, sagt die Herausgeberin Monika Koch-Emsermann, „wir wollen Vox keine Angst einjagen. Wenn die uns mit irgendwelchen Auflagen kommen, dann nennen wir unser Magazin eben sieda.“ Viel wichtiger ist ihr, daß es endlich eine adäquate journalistische Aufarbeitung gibt. Obwohl Fußball die Mannschaftssportart Nr. 1 unter Frauen ist, „findet eine Berichterstattung darüber kaum statt. Vor allem die sog. ,Fachmagazine‘ sind für die 500.000 organisierten Frauen und Mädchen völlig uninteressant.“
dieda wird zu Saisonbeginn im August mit einer Auflage von 30.000 an den Start gehen. Mit der Vorstellung aller Bundesligateams, mit Hintergrund- Stories und Fotos – das ganze auf 72 vierfarbigen Seiten. Die Produzentinnen sind sich sicher, mit dem Magazin in eine Marktlücke zu stoßen. „Es gibt im Frauenfußball viele tolle und interessante Mädchen. Nur ist darüber fast nie berichtet worden. Wir werden das ändern. Das Heft soll auch für das Publikum lesbar sein, nicht nur für die Spielerinnen.“ Wer weiß schon, daß z.B. die amerikanische Nationaltorhüterin Mary Harvey während ihrer Zeit beim FSV Frankfurt nebenbei noch Managerin bei einer amerikanischen Firma war?
Zwar hatte 1990 das kicker sportmagazin schon mal den Versuch mit einem Sonderheft zur Damenbundesliga gemacht, aber „obwohl das Heft gar nicht mal so schlecht war, ist es an dem etwas lieblosen Vertrieb gescheitert. Während an der Nordsee viele Hefte übrigblieben, waren im Südwesten die wenigen Exemplare schnell vergriffen.“ Mit dieda soll das nun anders laufen. „Wir müssen mit unserem Magazin dahin gehen, wo die Anhänger des Frauenfußballs sind.“ Und das sind zunächst einmal die Vereine, in denen Frauenfußball gespielt wird. „Anfang des Jahres haben wir über 1.000 Clubs angeschrieben und ihnen unser Konzept vorgestellt. Viele davon haben mittlerweile zwischen 20 und 200 Exemplare vorbestellt.“
Etwa 15.000 Abonnements brauchen die Herausgeberinnen, um langfristig weiterarbeiten zu können. Immerhin sind die Kosten der Startauflage schon fast gesichert, von den benötigten 125.000 DM fehlen nur noch ein Fünftel, „und die kriegen wir auch noch zusammen“, zeigt sich Monika Koch-Emsermann zuversichtlich. Die grenzenlose Optimistin ist sogar schon einen Schritt weiter, „wenn's gut läuft, wollen wir alle zwei Monate herauskommen“.
In ihrem Enthusiasmus läßt sich MKE, wie sie in der Szene kurz genannt wird, durch nichts bremsen, auch nicht durch die lauwarme Reaktion des DFB. Der findet die Magazin-Idee zwar „ganz nett“, mit handfester, materieller Unterstützung halten sich die Herren allerdings vornehm zurück. MKE nimmt's verständnisvoll, „Fußball ist eine der letzten Pfadfinderbastionen der Männer“, da dürfe man diese auch nicht überfordern. Ein Grußwort des DFB ist trotzdem willkommen, wenn er dafür 5.400 DM überweist – den Preis einer Werbeseite.
Monika Koch-Emsermann kann sich bei ihrem gewiß nicht risikolosen Projekt diese Gelassenheit erlauben, denn seit über 20 Jahren kennt sie die Frauenfußballszene. 1970 hat sie zusammen mit anderen die Frauenfußballabteilung des FSV Frankfurt gegründet, und seitdem haben die Frauen des Vereins mehr Titel eingespielt als die Männer in ihrer 94jährigen Geschichte. Sie war in Hessen die erste Frau mit einer Trainer- B-Lizenz, und der Erwerb des A-Scheins scheiterte 1984 nur an der fadenscheinigen Begründung der Kölner Sportlehrer, ihr mangele es am richtigen Zweikampfverhalten – bei einer Übung mit lauter Männern, wohlgemerkt.
Damit lagen die Herren in jeder Hinsicht gründlich daneben. Denn wenn es um die Belange des Frauenfußballs geht, ist ihr „Zweikampfverhalten“ kaum zu übertreffen, das hat schon so mancher beim FSV Frankfurt und beim DFB erfahren müssen. Da waren oft harte Bandagen notwendig, denn „Männer sind nur so lange nett, wenn sie das Gefühl haben, gebraucht zu werden“. Deshalb „ist die Zeit einfach reif, selbst eine Zeitung herauszugeben. Die Mädchen sollen ihre Belange und ihre Interessen endlich auch in der Berichterstattung wiederfinden.“ Das ihr das gelingen wird, daran läßt MKE keinen Zweifel: „Wenn man etwas will, dann schafft man das auch.“ Matthias Kittmann
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